„Nichts zu tun war wirklich zermürbend“
Psychisch krank und arbeitsunfähig: Projekt hilft Betroffenen. Beim „Mild“ersetzt ein Surfer-Bus die Feinkosttheke. Am Tummelplatz eröffnet der größte Fair-TradeShop des Landes. Und vom Murpark aus geht ein Kleid um die Welt. Unser Stadtbummel.
Neunzehn Menschen, die aufgrund ihrer psychischen Erkrankung keiner Vollzeitbeschäftigung mehr nachgehen können, nehmen derzeit am Projekt stunden:werk von pro mente teil. Insgesamt 64 Menschen mit psychischen Problemen können im Rahmen von stunden:werk – das vom Land Steiermark finanziert wird – beschäftigt und bis zur Geringfügigkeitsgrenze von 405,98 Euro bezahlt werden.
„Viele Betroffene wollen etwas Sinnvolles tun, andere zu ihrer Berufsunfähigkeits- oder Invaliditätspension etwas dazuverdienen“, erklärt Peter Wildbacher von pro mente. Ein Projektteilnehmer bestätigt: „Nichts tun war wirklich zermürbend. Jetzt habe ich endlich wieder eine Aufgabe und komme wieder unter Menschen.“
Reparaturarbeiten
Eingesetzt werden die Projektteilnehmer derzeit in Graz und Umgebung. Wer mitmacht, kann entweder Fahrräder und Elektrogeräte reparieren und recyceln oder Dienstleistungen wie Gartenpflege, Reinigung oder Botengänge für Firmen und Privatkunden übernehmen.
Der Grazer Vermieter Friedrich Kniely nimmt das Angebot von stunden:werk bereits in Anspruch und lässt Grünflächen von Projektteilnehmern pflegen. Für ihn wichtig: „Die Leute von stunden:werk kann ich auch kurzfristig engagieren.“
Wer mindestens 17 Jahre alt, psychisch krank und arbeitsunfähig ist, kommt für das Projekt infrage. Betroffene und zukünftige Kunden, die Aufträge vergeben wollen, können sich bei Inga Lehmann von pro mente melden: unter Tel. 0 50 44 13 70 oder per Mail an inga.lehmann@promentesteiermark.at.
Knapp vier Wochen ist es her, dass eine Facebookmeldung des Grazer Traditionslokals Feinkost Mild viele erschrecken ließ: „Wir schließen mit heutigem Tage unser Feinkostgeschäft und sagen ein herzliches Danke für Ihre jahrelange Treue.“Doch dies war nur der Startschuss für eine Neuausrichtung des Feinkostladens. Heute folgt nach einem schweißtreibenden Umbau nämlich die offizielle Wiederöffnung in der Stubenberggasse – als „Sandwich-Club“. Geschäftsinhaber Thomas Pagel verrät: „Gemeinsam mit zusätzlichen Schmankerln lassen sich Produkte, die uns bekannt gemacht ha-
Fairer Shop am Tummelplatz bekommt ben,b neu entdecken.“d Wo früher die Theke stand, parkt nun etwa ein echter 1963er-Renault-Voltigeur. Aus dessen Fenster werden Feinkost-Sandwichs verkauft. Brötchen und Aufstriche mussten der Neuausrichtung weichen.
„Damit etwas weiterbestehen kann, muss es weiterentwickelt werden“, erklärt Pagel, der seit sechs Jahren als Chef im Betrieb steht. Mit dem alten Feinkostkonzept sei man am Geschäftsort nicht mehr konkurrenzfähig gewesen: „Wir mussten uns etwas einfallen lassen.“Inspiration holte sich das Mild-Team bei sogenannten Food Trucks, wie sie auch im Oktober beim nächsten Grazer „Street Food Market“wieder zu sehen sein werden. Wie die Kunden nun auf Surfer-Bus statt Feinkosttheke reagieren, wird sich zeigen. Pagel hofft, sie sind ebenso positiv überrascht wie seine Tante Rose Mild, die es als seine Vorgängerin im „Mild“zu Kultstatus brachte.
Fair Trade wird riesig
Einen neuen Weg beschreitet auch der Fair-Trade-Shop am Tummelplatz. Die letzten Bauarbeiten werden noch durchgeführt. Im Laufe der nächsten Woche wird dann die Neueröffnung erfolgen – aus 70 Quadratmeter Geschäftsfläche werden 260! Un-