Menschenwürde statt Hetze
Die Flüchtlingsdebatte bewegt die österreichische Zivilgesellschaft, die Kirchen und vor allem die Politik, die angesichts des Leids der flüchtenden Menschen die Menschenwürde einmahnt. So hat Bundespräsident Fischer die problematische Lage der Flüchtlingsunterbringung als Frage der Menschenwürde bezeichnet. Ebenso fordert die grüne Salzburger Landesrätin Berthold seit Jahren geeignete Unterkünfte für Flüchtlinge. Bürgermeister Häupl sagt, dass niemand weniger Mensch ist, nur weil er außerhalb unserer Landesgrenzen geboren wurde, Vizekanzler Mitterlehner fordert eine Schubumkehr im Denken: Menschen auf der Flucht haben die gleiche Menschenwürde. Sie fordern das zu Recht. Allerdings ist die Menschenwürde kein Begriff unserer Rechtsordnung und unseres verfassungsrechtlichen Fundamentes. Während beispielsweise Tierrechte und das Recht auf Wasser verfassungsrechtliche Grundsätze des politischen Handelns sind, ist es, im Gegensatz zu Deutschland, die unantastbare Menschenwürde nicht. Menschenwürde bedeutet, dass der Wert aller Menschen gleich ist, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Religion, Alter oder Behinderung. Diese Verankerung im Artikel 1 des deutschen Grundgesetzes war eine Reaktion auf die Gräueltaten und die massive Missachtung der Menschenrechte im Nationalsozialismus.
KritikerInnen einer verfassungsrechtlichen Verankerung der Menschenwürde sagen, dass dieser Begriff sehr unbestimmt und zu schwammig sei. Interessant nur, dass die Spitzen von Staat und Gesellschaft offenbar sehr genau wissen, was unter der Menschenwürde zu verstehen ist und welch hohes Gut sie in der heutigen Zeit darstellt. Die UNO hat sie als Leitprinzip festgeschrieben.
Auch in Österreich ist es, insbesondere angesichts der Hasskampagne der FPÖ, mehr denn je notwendig, sich zur Menschenwürde zu bekennen und gegen Menschenverachtung aufzutreten. Wir wollen keine „Oktoberrevolution“, die ihr blutiges Vorbild in Russland 1917 hat. Es gibt einen großen Unterschied, ob man berechtigte Ängste und Sorgen in der Bevölkerung aufgreift und nach Lösungen sucht oder ob man bewusst mit Propaganda und Halbwahrheiten Menschen gegeneinander ausspielt. Wer solches tut, schürt Misstrauen, sät Hass und Unsicherheit. as rechtlich verankerte Bekenntnis, dass jedem Menschen eine unantastbare Würde innewohnt, ist in einer entwickelten Demokratie unverzichtbar. Dies gilt gerade auch dann, wenn es um das Überleben von und die Hilfe für Menschen auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung geht. Im Zeichen von Humanität und Solidarität verankern wir die Achtung der unantastbaren Menschenwürde in der österreichischen Bundesverfassung, jetzt! Franz-Joseph Huainigg ist Abgeordneter der ÖVP
D