„Es fehlt an Europa, es fehlt an Union“
Deutliche Worte fand EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bei seiner Rede zur Lage der Nation im Europaparlament in Straßburg. EU-Kommission fordert Umverteilung von 160.000 Flüchtlingen.
Wir wissen alle in diesem Haus, dass am vergangenen Sonntag Ihre Mutter verstorben ist und Ihr Vater in schwerer Erkrankung im Spital liegt“, sagte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz am Mittwoch nach der mehr als einstündigen Rede zu Juncker. „Dass Sie heute Ihre Amtspflichten vor Ihre persönlichen Gefühle gestellt haben, dafür möchte ich Ihnen von Herzen im Namen aller Kolleginnen und Kollegen danken.“
Jean-Claude Juncker hatte schon kräftig überzogen. „Ich habe meine Redezeit zwar lange überschritten, aber angesichts der Lage der Europäischen Union brauche ich diese Zeit“, sagte der EU-Kommissionschef. Schon zuvor hatte er festgestellt: „Unsere europäische Union befindet sich in keinem guten Zustand, obwohl ich nicht zu Pessimismus tendiere. Es fehlt an Europa, und es fehlt an Union.“Seit fünf Jahren hält der jeweilige Kommissi- onspräsident vor dem Europaparlament eine Rede zur Lage der EU. Für Juncker war es der erste Auftritt. Er nutzte seine Ansprache, um seinen Flüchtlingsplan vorzustellen. 120.000 Flüchtlinge sollen auf die EU-Staaten verteilt werden – per fester Quote.
Zusätzlich zu den 40.000 Schutzsuchenden, die die Kommission schon im Mai auf die EUStaaten verteilen mochte.
Doch die nationalen Regierungen wehren sich. Manche gegen die Quote. Andere gegen Flüchtlinge. Wieder andere gegen beides. Juncker steht vor einem langen Weg. Die Kommission kommt nicht voran, wenn die Mitgliedstaaten mauern.
Juncker blickte deshalb zurück in die europäische Geschichte und erinnerte an Flüchtlingswellen. An die Hugenotten, die im 17. Jahrhundert Frankreich verlassen mussten, an Juden sowie Sinti und Roma. Und auch an die Flüchtlinge aus Ungarn und Tschechien, die nach der Niederschlagung des Ungarn-Aufstands 1956 und des Prager Frühlings 1968 aus ihrem Land flohen. „Haben wir das vergessen?“, fragte Juncker und zog das Fazit aus der Geschichte.
Grundrecht
„Asyl ist einer der wichtigsten europäischen Werte.“Und: Die „Europäer sollten niemals vergessen, warum es so wichtig ist, Zuflucht zu bieten und für das Grundrecht auf Asyl einzuste-