Zuerst kommt das Ende, dann das Kind
Benjamin Raich spricht heute über seine Ski-Zukunft, die keine mehr ist.
Er ist ein Mensch, der viele Sonnenstunden in seinem skifahrerischen Leben genießen durfte, aber auch auf genügend bittere Momente zurückschauen kann. Auf den heutigen Tag werden beide Begriffe zutreffen, denn Benjamin Raich spricht in Wien über seine sportliche Zukunft, die wohl keine mehr sein wird. Alles andere als die Bekanntgabe seines Rücktritts wäre eine Überraschung. Der 37-Jährige hat sich mit seiner Entscheidung lange Zeit gelassen, was zu ihm passt. Raich war nie ein Mensch, der wichtige Dinge im Schnellverfahren erledigt hat.
Das gilt beim Pitztaler für den Skisport und das Privatleben. Doch gerade das nimmt dem Doppel-Olympiasieger den Entschluss praktisch ab. Seine Ehefrau Marlies, früher Schild, ist schwanger, bekommt im Oktober das gemeinsame Kind und der dreifache Weltmeister will so viel Bennie zu ungeplanten Pausen. Dazu kam bei der Weltmeisterschaft 2011 in Garmisch die schwerwiegendste Verletzung seiner Laufbahn. Im Mannschaftsbewerb zog sich der Tiroler einen Riss des linken vorderen Kreuzbandes, einen Knorpelabbruch des äußeren Schienbeinkopfes und einen Teileinriss des äußeren Meniskus zu. Schon da hatten viele gemeint: Jetzt ist für Raich Schluss.
Doch das einstige Slalom-Ass belehrte alle eines Besseren. Am 25. Februar 2012 gewann Raich wieder ein Weltcuprennen, den Super-G in Crans-Montana (SUI). Es sollte sein einziger in dieser Disziplin bleiben. Der 36. wird wohl auch sein letzter gewesen sein, denn auf Bennie und Marlies warten nun viel größere Aufgaben. Kinder und Ehe können oft viel schwerer zu handeln sein, als das schwierigste Skirennen zu fahren ist.