Kleine Zeitung Steiermark

Warum Patienten sich doch nicht fürchten müssen

Konflikt zwischen Ärztekamme­r und Krankenkas­sen um primäre Versorgung­szentren verunsiche­rt alle – die Hintergrün­de.

- DIDI HUBMANN

Der Gesamtvert­rag der niedergela­ssenen Ärzte wird gekündigt!“„Ärztekamme­r will nicht Mittäter sein, wenn die wohnortnah­e ärztliche Versorgung aufgegeben wird!“„Patienten müssen selbst zahlen, wenn es zu keiner Einigung im Streit zwischen Ärztekamme­r und Krankenkas­sen kommt!“„Panikmache der Ärzte, Ärztekamme­r ist ein Verhinderu­ngsverein!“

Solche Sätze bestimmten zuletzt die Kommunikat­ion zwischen Krankenkas­sen und Ärztekamme­r, in der Steiermark zwischen GKK-Obfrau Verena Nussbaum und Ärztekamme­r-Präsident Herwig Lindner. Auslöser: die zukünftige­n primären Versorgung­szentren, die die Patienten-Betreuung in Randzeiten verbessern und überhaupt grundlegen­d verändern sollen. In diesen Zentren sollen mehrere Ärzte mithilfe von unterschie­dlichen Gesundheit­sprofessio­nen die primäre Versorgung übernehmen – und so überfüllte Spitalsamb­ulanzen entlasten. ie Grundidee klingt exzellent. Bloß wurde bis heute – also über ein Jahr nach der politische­n Ankündigun­g im Bund – noch immer nicht ausverhand­elt, wie diese Zentren aufgesetzt und abgerechne­t werden. Es war bisher nicht einmal möglich, Zentren dort, wo man sie dringend benö-

Dtigt – in Randgebiet­en wie Mariazell etc. – zu installier­en. skaliert ist die Diskussion jetzt deshalb, weil Politik und Krankenkas­sen ankündigte­n, dass für primäre Versorgung­szentren Einzelvert­räge, auch mit externen Anbietern, gemacht werden könnten. Das heißt, dass man damit den Kollektivv­ertrag der niedergela­ssenen Ärzte („Gesamtvert­rag“) aushebeln könnte. Die Bahn wäre frei für zum Beispiel deutsche Medizinbet­riebe, hierzuland­e Ärztezentr­en zu installier­en. Aufgrund ihrer Kostenstru­ktur könnten sie günstiger als heimische Ärzte arbeiten. ie Wunden liegen aber noch tiefer. Vor den primären Versorgung­szentren wurden die Ärzte-GmbHs als Zukunftsmo­dell abgefeiert. Doch Kassen und Ärztekamme­r konnten sich nicht über die Kosten einigen. Die Kassen verlangten Abschläge (Tenor: „Wenn mehr Ärzte arbei-

EDten, kommen mehr Patienten, damit verdienen sie mehr Geld“). Die Ärztekamme­r entgegnete: Mehr Arbeitszei­t bedeute mehr Personal – und mehr Kosten. Letztlich scheiterte­n die ÄrzteGmbHs. ass jetzt die Kassen mit primären Versorgung­szentren und Einzelvert­rägen mit ausländisc­hen Anbietern die heimischen Ärzte doch austrickse­n könnten, wird als schweres Foul betrachtet. Die Skepsis ist ohnehin groß, weil den Kassen unterstell­t wird, sie seien an überfüllte­n Spitalsamb­ulanzen nicht ganz unschuldig. Dort sind Leistungen gedeckelt und für die Kassen ist das um Millionen Euro günstiger als die Behandlung der Patienten bei niedergela­ssenen Ärzten. Die Kassen beharren hingegen darauf, dass es ausreichen­d niedergela­ssene Ärzte gebe. Patienten beklagen wiederum die langen Wartezeite­n bei Fachärzten . . . er Karren scheint verfahren. Kommt es bei den primären Versorgung­szentren zu keiner Einigung auf Zahlungsmo­dalitäten, will die Ärztekamme­r den Gesamtvert­rag der niedergela­ssenen Ärzte selbst kündigen. Damit wäre jede Behandlung, jeder Arztbesuch bei einem Kassenarzt vom Patienten selbst zu bezahlen. Das würde obendrein bedeuten, dass alle Patienten ihre Rechnungen – von denen sie circa 80 Prozent rückerstat­tet bekommen – bei der Kasse einreichen müssten. Der Bürokratie­aufwand wäre enorm. as alles will in Wahrheit doch niemand. Weil „nur“der Patient draufzahle­n würde, zeitlich wie finanziell. Und dieses PR-Desaster können sich weder Ärztekamme­r noch Kassen erlauben.

DDD

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Lindner, Ärztekamme­rpräsident: Streit mit Kassen
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