Tsipras kämpft um eine zweite Chance
Eine Woche vor der Parlamentswahl in Griechenland liegen das Linksbündnis Syriza und die konservative Nea Dimokratia fast gleichauf.
Wahlkampf im nordgriechischen Kozani. Diesmal sind wir besser vorbereitet“, ruft Alexis Tsipras den Zuhörern zu. „Wir stehen aufrecht, wir kämpfen dafür, dass endlich die Linke regiert“, verspricht der kürzlich zurückgetretene Premier Tsipras unter dem Jubel seiner Anhänger.
Der erste Anlauf scheiterte. Nach nur sieben Monaten als griechischer Ministerpräsident musste er im August seinen Rücktritt erklären, weil die eigene Partei, das radikale Linksbündnis Syriza, nicht mehr geschlossen hinter ihm stand. Syriza zerbrach an dem Spar- und Reformkurs, den die Regierung auf Druck der internationalen Geldgeber einschlagen musste.
Tsipras will die parteiinternen Konflikte hinter sich lassen, er blickt nach vorn. Sein Wahlziel bleibe die absolute Mehrheit, versichert er in Kozani. Die Stadt ist für ihn kein leichtes Pflaster. Hier steht Griechenlands größtes Braunkohlekraftwerk. Die staatlichen Elektrizitätswerke sind der wichtigste Arbeitgeber. Viele Menschen haben Angst vor der Deregulierung des Strommarktes, die Tsipras den Kreditgebern versprechen musste. Sie fürchten um ihre Arbeitsplätze. In Kozani dominiert die populäre Lokalpolitikerin Rachel Makri, die Syriza den Rücken kehrte. Jetzt kandidiert sie auf der Liste der Volksunion, unter deren Banner die Syriza-Abtrünnigen bei der Wahl antreten. Die Volksunion kommt in den Umfragen zwar landesweit nur auf drei bis vier Prozent. Aber das sind jene Stimmen, die für Tsipras scheidend sein könnten.
Offenes Rennen
ent- Die Volksunion ist nicht die einzige Sorge des Syriza-Chefs.
Nachdem sein Linksbündnis noch im Juli in den Umfragen um bis zu 20 Prozentpunkte vor der konservativen Opposition lag, registrieren die Meinungsforscher seit drei Wochen einen dramatischen Stimmungsumschwung: Die oppositionelle konservative Nea Dimokratia (ND) liegt in den jüngsten Prognosen fast gleichauf. Für eine absolute Mehrheit wird es aber wohl für keine der beiden großen Parteien reichen. Das ist den meisten Griechen durchaus recht. Sieben von zehn Befragten erklären den Meinungsforschern, sie wünschten sich eine