Im Möglichkeitsraum
Probierstücke: Klaus Kastberger testet in seiner ersten Saison als Literaturhaus-Chef neue Formate.
Was am 21. September im Grazer Literaturhaus passiert? „Kommt darauf an, worauf Clemens Setz Lust hat“, sagt Klaus Kastberger. Der neue Literaturhaus-Chef holt den Autor zur Saisoneröffnung ins Haus, möglicherweise wird aus dem Abend eine konventionelle Buchpräsentation („Die Stunde zwischen Frau und Gitarre“), möglicherweise eine „Setz-Show“(mit z. B. Gesang und Gezauber).
Man ist geneigt, in dieser Ankündigung gleich ein Muster zu erkennen: Kastberger inszeniert das Haus in seiner ersten Saison als Möglichkeitsraum, mit absichtsvoll unkanonischem Programm. Zum Beispiel: Ein Litera- turfestivalsymposion („Wir haben noch keinen tauglichen Namen für das Format“), das im November neue Textformen jenseits des Buches vorstellt. „Was wird Literatur?“ist der Titel, unter dem erkundet werden soll, ob und wie Blogs, Tweets, Textperformances in bestehende literarische Traditionen eingemeindet werden können. Mit dabei: Bachmann-Preisträgerin Nora Gomringer, Kathrin Röggla, FAZ-Blogger Don Alphonso („Stützen der Gesellschaft“). Quasi zur Einstimmung ist am 28. September Twitter-Star Eric Jarosinski zu Gast: Der US-Germanist versorgt unter dem Pseudo- nym „NeinQuarterly“fast 120.000 Follower mit aphoristischen Tweets, die bei S. Fischer jüngst erstmals in Buchform gegossen wurden. Kastberger: „Keine Ahnung, ob da überhaupt jemand kommt.“
Volles Haus garantiert dafür „Klassiker revisited“– eine Bestellung von Deutschlehrern. Zum Auftakt der nicht nur Schulklassen zugänglichen neuen Reihe gibt’s am 19. Oktober „Faust revisited“mit Robert Menasse und dem einstigen Grazer „Faust“Manfred Lukas-Luderer. Zwei Wochen davor, vom 5. bis 8. Oktober, wird eine „festwoche der wiener gruppe“abgehalten, zu der sich Oswald LiteraturhausChef Klaus Kastberger Wiener und Gerhard Rühm angekündigt haben – Letzterer gar zu einem offenen Workshop.
Insgesamt will Kastberger, wie zu erwarten: das Haus öffnen und neue Besucherschichten anlocken, ohne das Stammpublikum zu verstören, „mit neuen Formaten, mit denen wir noch experimentieren“. Soll heißen: Die Reihe „Premiere“(Buchpräsentationen) wird leicht zurückgeschraubt, die neue Schiene „Junges Literaturhaus“wendet sich dezidiert an Nachwuchsleser. Am 29. Oktober gibt’s den ersten Thementag. Er ist Thomas Bernhard gewidmet. Bereits aktiv ist der neue Literaturhaus-Blog von Valerie Fritsch, Cordula Simon, Olga Flor, Max Höfler. www.literaturhaus-graz.at