Geld bleibt weiterhin eine inflationäre Billigware
Für ein starkes US-Zinssignal hat der Mut gefehlt.
Jetzt ist schon wieder nichts passiert. Nachdem die USNotenbank Fed schon im Frühsommer keine Zinserhöhung vorgenommen hatte, sagte sie gestern abermals die „Zinswende“ab. Die US-Zinsen bleiben dort, wo sie seit sieben Jahren verharren: im Keller. Konkret bei einer Spanne von 0 bis 0,25 Prozent.
Die Verlängerung der lockeren Geldpolitik hat viele, wenn auch nicht alle Ökonomen überrascht. Zuletzt war eine hauchdünne Mehrheit der „Fed-Experten“in einer Umfrage von einer Leitzins-Erhöhung ausgegangen. Das wäre nach vielen Jahren der künstlichen Niedrigzinsen ein erster Schritt in Richtung Normalisierung der Geldpolitik gewesen.
Und die harten „Fundamentaldaten“der US-Wirtschaft hätten durchaus Spielraum für die sofortige Zinsanhebung gelassen. Die Arbeitslosigkeit sinkt, die Rate ist mit 5,1 Prozent bereits bei einem Wert, der als Vollbeschäftigung interpretiert wird. Die Löhne ziehen aufgrund der brummenden Wirtschaft an. Die US-Kerninflation ohne Billigerdöl-Effekt liegt schon bei nahezu idealen 1,8 Prozent.
Eine Zinsanhebung wäre ein Signal an die restliche Welt gewesen: Seht her, unsere Wirtschaft ist stark, wir trauen uns zu, für geborgtes Geld wieder einen Preis zu verlangen. Das hätte freilich auch Gegenwind erzeugt: Schulden für den Staat und für die US-Unternehmen wären teurer geworden. Womöglich hätten Exporteure härter kämpfen müssen, um im Markt zu bestehen.
Unter dem Strich war es wohl so, dass den US-Notenbankern der Mut für die Trendwende gefehlt hat. Das liegt keineswegs nur an der neuen FedChefin Janet Yellen, die in manchen Finanzkreisen für zu zö- gerlich gehalten wird. Immerhin stimmte das Fed-Gremium mit 9:1 gegen die Erhöhung.
Den Schwellenländern, die in Dollar abrechnen, mag die Verlängerung der Null-Zinsen-Ära nützen. Für Europas Wirtschaft ist sie kein gutes Signal. Längst stehen Europa und Amerika im Unterbietungswettlauf, wer die schwächere Währung hat. Nach Zinsen steht dieses Match nun weiterhin null zu null. ieles deutet darauf hin, dass die „Normalität“– nämlich ein Zinspfad von, sagen wir, um die drei Prozent – auf absehbare Zeiten nicht erreichbar ist. Gratisgeld in fast unbegrenzter Menge ist heute ein zentraler Schmierstoff der Weltwirtschaft, ein inflationär verspritzter Dünger auf allen Spielfeldern des Marktes. Das – und damit eine globale Schuldenspirale mit unabsehbaren Konsequenzen – bleibt uns auf Sicht erhalten. Weil noch niemand ein besseres Rezept gefunden hat.
VSie erreichen den Autor unter