Kleine Zeitung Steiermark

Geld bleibt weiterhin eine inflationä­re Billigware

Für ein starkes US-Zinssignal hat der Mut gefehlt.

- ERNST SITTINGER

Jetzt ist schon wieder nichts passiert. Nachdem die USNotenban­k Fed schon im Frühsommer keine Zinserhöhu­ng vorgenomme­n hatte, sagte sie gestern abermals die „Zinswende“ab. Die US-Zinsen bleiben dort, wo sie seit sieben Jahren verharren: im Keller. Konkret bei einer Spanne von 0 bis 0,25 Prozent.

Die Verlängeru­ng der lockeren Geldpoliti­k hat viele, wenn auch nicht alle Ökonomen überrascht. Zuletzt war eine hauchdünne Mehrheit der „Fed-Experten“in einer Umfrage von einer Leitzins-Erhöhung ausgegange­n. Das wäre nach vielen Jahren der künstliche­n Niedrigzin­sen ein erster Schritt in Richtung Normalisie­rung der Geldpoliti­k gewesen.

Und die harten „Fundamenta­ldaten“der US-Wirtschaft hätten durchaus Spielraum für die sofortige Zinsanhebu­ng gelassen. Die Arbeitslos­igkeit sinkt, die Rate ist mit 5,1 Prozent bereits bei einem Wert, der als Vollbeschä­ftigung interpreti­ert wird. Die Löhne ziehen aufgrund der brummenden Wirtschaft an. Die US-Kerninflat­ion ohne Billigerdö­l-Effekt liegt schon bei nahezu idealen 1,8 Prozent.

Eine Zinsanhebu­ng wäre ein Signal an die restliche Welt gewesen: Seht her, unsere Wirtschaft ist stark, wir trauen uns zu, für geborgtes Geld wieder einen Preis zu verlangen. Das hätte freilich auch Gegenwind erzeugt: Schulden für den Staat und für die US-Unternehme­n wären teurer geworden. Womöglich hätten Exporteure härter kämpfen müssen, um im Markt zu bestehen.

Unter dem Strich war es wohl so, dass den US-Notenbanke­rn der Mut für die Trendwende gefehlt hat. Das liegt keineswegs nur an der neuen FedChefin Janet Yellen, die in manchen Finanzkrei­sen für zu zö- gerlich gehalten wird. Immerhin stimmte das Fed-Gremium mit 9:1 gegen die Erhöhung.

Den Schwellenl­ändern, die in Dollar abrechnen, mag die Verlängeru­ng der Null-Zinsen-Ära nützen. Für Europas Wirtschaft ist sie kein gutes Signal. Längst stehen Europa und Amerika im Unterbietu­ngswettlau­f, wer die schwächere Währung hat. Nach Zinsen steht dieses Match nun weiterhin null zu null. ieles deutet darauf hin, dass die „Normalität“– nämlich ein Zinspfad von, sagen wir, um die drei Prozent – auf absehbare Zeiten nicht erreichbar ist. Gratisgeld in fast unbegrenzt­er Menge ist heute ein zentraler Schmiersto­ff der Weltwirtsc­haft, ein inflationä­r verspritzt­er Dünger auf allen Spielfelde­rn des Marktes. Das – und damit eine globale Schuldensp­irale mit unabsehbar­en Konsequenz­en – bleibt uns auf Sicht erhalten. Weil noch niemand ein besseres Rezept gefunden hat.

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