Tsipras wird erneut großer Wahlsieger
Die radikalen Linken des zurückgetretenen Regierungschefs setzten sich deutlich gegen die konservative Nea Dimokratia durch und wollen in drei Tagen eine Regierung stellen.
Bei der Wahl in Griechenland konnten Alexis Tsipras und das von ihm geführte Linksbündnis Syriza einen Sieg einfahren. Die konservative Nea Dimokratia (ND) musste sich überraschend deutlich geschlagen geben. Viele Griechen waren aber offenbar wahlmüde. Die Wahlbeteiligung erreichte nur 54,4 Prozent nach 63,6 Prozent im Jänner.
Begeisterte Syriza-Anhänger feierten den Sieg in Athen mit Autokorsos und Hupkonzerten. Hunderte versammelten sich mit Fahnen vor der Parteizentrale am KoumoundourouPlatz. Tsipras stimmte das Volk auf schwierige Zeiten ein: „Vor uns liegt ein Weg von Arbeit und Kampf“, schrieb er im Kurznachrichtendienst Twitter. ND-Chef Vangelis Meimarakis räumte seine Niederlage ein. „Ich gratuliere ihm“, sagte er an die Adresse von Tsipras. Syriza blieb nur wenig unter dem Ergebnis von der vorangegangenen Wahl. Wie damals hat Tsipras allerdings sein Wahlziel, die absolute Mehrheit, verfehlt.
Auf Platz drei liegt die neofaschistische Partei Goldene Morgenröte. Den Einzug ins Parlament haben auch die Kommunistische Partei, die sozialdemokratische Pasok und die Mitte-links-Partei To Potami sowie die rechtspopulistische Anel geschafft, mit der Tsipras während der vergangenen acht Monate koaliert hatte. Tsipras hatte schon vor der Wahl eine Neuauflage dieser Koalition angekündigt. Auch der Anel-Vorsitzende Panos Kammenos sagte am Abend, er wolle eine Fortsetzung. Die vorgezogene Wahl wurde nötig, nachdem Tsipras im Juli die Unterstützung von Teilen seiner Partei für das neue Sparprogramm verloren und seinen Rücktritt erklärt hatte.
Kooperation gefragt
Nach der Wahl ist jetzt allerdings nicht Konfrontation, sondern Kooperation angesagt. Viel Zeit haben die Politiker nicht, sich auf eine Koalition zu einigen. Schon in den nächsten Wochen muss der künftige Finanzminister dem Parlament einen Nachtragshaushalt für 2015, das Budget 2016 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2019 zur Beratung vorlegen. Die künftige Regierung steht vor schwierigen Aufgaben und unpopulären Entscheidungen. Tsipras hat zwar im Juli das neue Anpassungsprogramm unterschrieben, das dem Land frische Hilfskredite von bis zu 86 Milliarden Euro sichern soll. Dank der Unterstützung der Konservativen und zweier weiterer Oppositionsparteien gelang es Tsipras, die Kreditverträge noch vor der Wahl durchs Parlament zu bringen – gegen den erbitterten Widerstand des linksextremen Syriza-Flügels, der sich schließlich abspaltete.
Doch bereits im Oktober muss das neue Parlament weitere Spar- und Reformschritte beschließen, damit die Hilfsgelder planmäßig ausgezahlt werden können. Dazu gehören Steuererhöhungen und weitere Pensionskürzungen. Ein politisch besonders brisantes Kapitel ist die geplante Streichung von Steuerprivilegien der Landwirte. Die Geldgeber erwarten auch, dass nun die seit Jahren immer wieder auf die lange Bank geschobenen Privatisierungen endlich vorankommen. Als Prüfstein gilt die bereits 2014 von der damaligen Regierung beschlossene, von Tsipras aber in seiner ersten Regierungszeit gestoppte Vergabe einer Betriebskonzession für 14 Regionalflughäfen an den deutschen Flughafenbetreiber Fraport. Keinen Aufschub duldet auch die Rekapitalisierung der angeschlagenen griechischen Banken.