Die wirtschaftliche Talfahrt setzt sich fort
111 Millionen Euro haben die Griechen heuer für Wahlen ausgegeben. Dabei ist das Land klamm.
ATHEN. Efthymios Balakeras, Anfang sechzig, ist sauer. Sein in Vor-Krisenzeiten noch florierendes Buch- und Schreibwarengeschäft im gutbürgerlichen Athener Vorort Chalandri ist gähnend leer. Hinter der Vitrine hängt ein gutes Dutzend Schultaschen zum Kampfpreis von einheitlich zehn Euro. Dennoch: Die Nachfrage ist null. Und dies, obgleich das Schuljahr in Griechenland gerade begonnen hat. „Die Leute haben einfach kein Geld. Keine Jobs, steigende Steuern, keine Perspektive. Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll“, poltert er.
Der Einzelhändler steht mit seinem überbordenden Pessimismus nicht alleine. Das Euro-Sorgenland kommt auch im Jahr sechs nach dem faktischen Staatsbankrott nicht auf den grünen Zweig. Um ein Viertel ist die Wirtschaftsleistung seit Ausbruch der Krise eingebrochen. Zwar kletterte im zweiten Quartal das Bruttoinlandsprodukt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum überraschend um 1,6 Prozent. Doch die Experten sind sich einig: Auch 2015 wird die Wirtschaftsleistung um zwei Prozent sinken. Der Grund ist simpel: Ende Juni wurden rigide Kapitalverkehrskontrollen verhängt – aus Angst vor einem sich beschleunigenden Bank Run.
Eine weitere Folge: Die Importe fielen allein im Juli um 32 Prozent, die Exporte um acht Prozent. Doch damit nicht genug: Die Industrieproduktion sank im Juli im Vergleich zum Vorjahres- monat um 1,6 Prozent. Der Umsatz im Einzelhandel ging im Juni um 1,7 Prozent zurück. Die ohnehin schon brachliegende Bautätigkeit stürzte um 14,8 Prozent ab.
Auch an der Aktienbörse setzt sich das Trauerspiel fort. Der Aktienindex XAA schloss am Freitag bei 697 Punkten, 37 Prozent tiefer als exakt vor einem Jahr – bei zuletzt niedrigen Tagesumsätzen von maximal fünfzig Millionen Euro. Kein Wunder. Die Börse blieb nach der Verhängung der Kapitalverkehrskontrollen fünf Wochen geschlossen – ein Weltrekord. Der Schock sitzt tief.
Überdies steckt Griechenland in einer Deflationsfalle. Im August fielen die Preise um 1,5 Prozent. Damit sinken die Preise schon seit nunmehr dreißig Mo- naten in Folge. Schließlich verharrt die Arbeitslosigkeit bei 24,6 Prozent – sogar im Juli. Dies ist in einem klassischen Urlaubsmonat noch nie passiert.
Immerhin: Die Kosten für den neuerlichen Urnengang wurden im Vergleich zur Wahl am 25. Jänner auf 33,2 Millionen Euro drastisch verringert. Davon entfallen 27 Millionen auf Aufwandsentschädigungen für Polizei, beaufsichtigende Staats- und Rechtsanwälte sowie Wahlhelfer.
Im Jänner wurden dafür noch 51,1 Millionen Euro fällig. Addiert man die 26,7 Millionen für das denkwürdige Referendum über die Sparvorschläge hinzu, summieren sich die Wahlkosten 2015 auf 111 Millionen Euro.