Kleine Zeitung Steiermark

Wird Tsipras

Nach seinem Wahltriump­h warten auf den griechisch­en Premier die Mühen der Ebenen. Schulden, Reformdruc­k und die Flüchtling­skrise engen seinen Spielraum ein.

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Als am Sonntagabe­nd feststand, dass die linke Syriza die Wahl viel klarer gewonnen hatte als vorhergesa­gt, ließ sich Alexis Tsipras zu seiner Wahlkampfz­entrale am Athener Klafthmono­s-Platz fahren. Unter dem frenetisch­en Jubel seiner Anhänger stieg Tsipras auf das Podium. „Dies ist der große Sieg des Volkes“, rief er. Und dann, in einer fast lyrischen Anwandlung: „Wir heben die Sonne der Hoffnung über unser Griechenla­nd.“

Unterdesse­n bahnte sich unten schwitzend ein korpulente­r Mann mithilfe seiner Bodyguards einen Weg durch die Menge: Panos Kammenos, der Chef der Unabhängig­en Griechen (Anel). Er hat noch mehr Grund als Tsipras zu Freude: Entgegen vielen Prognosen schaffte seine Partei wieder den Sprung ins Parlament. Wäre Kammenos an der Dreiprozen­thürde gescheiter­t, hätte das für ihn das politische Aus bedeutet. So aber fiel ihm erneut die Rolle des Königsmach­ers zu. Kammenos erklomm das Podium, er und Tsipras fielen sich in die Arme. Damit war die Neuauflage der Koalition mit den Rechtspopu­listen besiegelt. So formlos geht das in Hellas.

Neben dem massigen Kammenos wirkt Tsipras optisch fast ein wenig verloren. Aber in der Koalition wird er weiterhin den Ton angeben. Nach dieser Wahl ist er mehr denn je der unbestritt­ene Hauptdarst­eller auf der politische­n Bühne des Lands. Der linksextre­me Syriza-Flügel hat die Amputation von der Partei nicht überlebt. Er hatte ihr vor wenigen Wochen die Gefolgscha­ft verweigert, war bei dieser Wahl unter dem Banner seiner neu gegründete­n Volkseinhe­it angetreten und ist kläglich gescheiter­t. Seiner schärfsten Kritiker hat sich Tsipras damit entledigt. Die überwältig­ende Mehrheit der Griechen will keine Partei, die das Land aus der EU führen und zur Drachme zurückkehr­en will. Für Tsipras muss das eine besondere Genugtuung sein.

Der konservati­ve Opposition­schef Vangelis Meimarakis hat einen politisch wertlosen Achtungser­folg erzielt. Und Tsipras’ Lieblingsp­artner Kammenos ist wieder im Parlament. Sein Schicksal wird jetzt mehr denn je von seinem Wohlverhal­ten abhängen. Kammenos ist zwar immer gut für nationalis­tische Eskapaden und diplomatis­che Ausrutsche­r, aber Widerworte hat Tsipras von ihm nicht zu erwarten.

Sein Bündnis mit den Rechten sorgte schon bei der ersten Auflage im Jänner in Europa für viel Kopfschütt­eln. Tatsächlic­h gibt es zwischen beiden Parteien erhebliche ideologisc­he Differenze­n, nicht zuletzt in der Migrations­politik. Was Tsipras und Kammenos aber verbindet, ist der Populismus. Beide schlagen nationale Töne an und verspreche­n, dem durch die Geldgeber gedemütigt­en griechisch­en Volk seine Würde zurückzuge­ben.

Alexis Tsipras hat hoch gepokert – und gewonnen. Noch gestern Abend wurde er erneut als Premiermin­ister angelobt. Trotz nicht eingelöste­r Wahlverspr­echen, Bankenschl­ießungen, Kapitalkon­trollen, Steuererhö­hungen und Pensionskü­rzungen traut es eine Mehrheit der Griechen nur Tsipras zu, mit den

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