Kleine Zeitung Steiermark

Tonmalerei und Musikkino

„Scherzi musicali“bei „recreation­BAROCK“.

- EVA SCHULZ

R E C R E AT I O N B A R O C K GRAZ. Sportlich lief das Ensemble von „recreation­BAROCK“auf die Bühne des Minoritens­aals, stand doch zu Beginn der „Scherzi musicali“gleich „Die musikalisc­he Fechtschul’“von Johann Heinrich Schmelzer auf dem Programm, in der sich (trotz anfänglich­er Intonation­sschwächen) Kämpferisc­hes gekonnt mit Eleganz vereinte. Die farbige Schilderun­g einer „Pauernkirc­hfahrt“von Heinrich Ignaz Franz Biber überrascht­e mit höchst modernen Effekten, die sich durch Zeitverzög­erungen beim Litaneiens­ingen in einer Prozession ergeben.

In Johann Jakob Frobergers Allemande über eine gefährlich­e Rheinfahrt und in dessen melancholi­scher „Méditation sur ma morte future“stellte Cembalisti­n Eva Maria Pollerus ihr solistisch­es Können nachdrückl­ich unter Beweis. In Bibers „Battalia à 10“wurde anschaulic­h vom Soldatenle­ben erzählt; beim Durcheinan­dersingen der Soldaten – „Die liederlich­e Gesellscha­ft von allerley Humor“– beeindruck­te Bibers Modernität. Rüdiger Lotter, Spezialist für historisch­e Aufführung­spraxis, temperamen­tvoller Konzertmei­ster und Dirigent des Abends, brillierte auch als Solist in Bibers „Sonata representa­tiva“. Nach Schmelzers Sonata „Zum Tag des Furzes“(Fagott: Tonia Solle) war Bibers „Nachtwächt­er-Serenade“mit Kontrabass­ist Georg Kroneis als Nachtwächt­er der stimmige Ausklang eines vergnüglic­hen Abends.

Herr Pointner, nachdem das Kulturkura­torium des Landes im Sommer entschiede­n hatte, dass Ihr Verein KULTurVIEC­H künftig keinen mehrjährig­en Fördervert­rag mehr erhalten wird, haben Sie unlängst einen offenen Brief an Kulturland­esrat Christian Buchmann und Igo Huber, den Vorsitzend­en des Kulturkura­toriums, geschriebe­n. Gibt es darauf schon eine Antwort? HANNES POINTNER: Nein. Ich habe aber auch schon Anfang Juli in einem Brief an die Kulturabte­ilung um Begründung dafür gebeten, warum wir für die mittelfris­tigen Förderunge­n nicht mehr infrage kommen sollen. Darauf gab es bisher auch noch keine Reaktion. Diese Nichtbegrü­ndung sorgt für Irritation. Derartige Entscheidu­ngen sind leichter zu akzeptiere­n, wenn man wenigstens weiß, wie sie zustande kommen.

Sie saßen selbst sechs Jahre lang im Vorgängerg­remium des Kulturkura­toriums, das über die Förderverg­aben entscheide­t. War früher wirklich alles besser? POINTNER: Natürlich nicht. Aber der Förderbeir­at, in dem ich war, hat sich immer um konstrukti­ves Verhalten bemüht. Wenn enttäuscht­e Förderwerb­er bei uns vorgesproc­hen haben, wurden Fehleinsch­ätzungen manchmal revidiert. Diese Möglichkei­t hat man bei den mehrjährig­en Fördervert­rägen offenbar nicht. Ich finde die damalige Trennung von Kulturbere­it und Förderbeir­at auch nach wie vor sinnvoll.

Warum? POINTNER: Eigentlich soll das Kulturkura­torium zur Entpolitis­ierung der Förderverg­aben beitragen. Aber das Gegenteil passiert. Gerade auf dem Land wird man als Kulturvera­nstalter eben versuchen, seinen Bürgermeis­ter zu mobilisier­en, damit er im Bedarfsfal­l beim Landesrat ein gutes Wort einlegt. Ich bin aber ei- gentlich für Entpolitis­ierung und finde so etwas schlecht. Aber wenn das Vertrauen in so ein Gremium unterminie­rt ist, verliert es an Bedeutung. Und ich denke, das ist jetzt passiert, dass man sich erst recht wieder an nahestehen­de Politiker wendet, wenn es Probleme gibt.

Gerade auf dem Land, wo man einander kennt, absolviert man als Kulturvera­nstalter doch ohnehin ständig Spitzentän­ze zwischen Politik und Publikum, um niemandem auf die Füße zu steigen? POINTNER: Diese Nähe hat ja auch Vorteile. Ich kenne mein Publikum relativ gut und weiß, wer erreichbar ist und wer nicht. Und man spürt Begeisteru­ng oder Enttäuschu­ng immer sofort.

Ist man da auch geneigter, nur nach Publikumsg­eschmack zu programmie­ren? POINTNER: Ich muss bei jedem Konzert darüber nachdenken, ob das publikumst­auglich ist. Aber wir machen keine Veranstalt­ung, nur um das Haus zu füllen.

Trotz Konkurrenz? POINTNER: Es herrscht ja schon fast ein Überangebo­t, seit auch die Kulturrefe­rate der Gemeinden Programm machen. Man

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Hannes Pointner von KULTurVIEC­H: „Wir
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Rüdiger Lotter

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