Kleine Zeitung Steiermark

Katalanen heizen Debatte neu an

Europäisch­e Union schaut mit leichter Sorge auf Ergebnis der Regionalwa­hlen.

- PETER RIESBECK

BRÜSSEL. Katalonien hat gewählt. Und die EU-Kommission äußerte sich am Montag nur knapp. Man werde das Ergebnis nicht kommentier­en. Zurückhalt­ender geht es nicht. Aber Zurückhalt­ung ist auch geboten. Nur nicht rütteln am spanischen Zentralsta­at. Schließlic­h hatte der katalonisc­he Regionalpr­äsident Artur Mas das Votum zu einer Abstimmung über die Unabhängig­keit Katalonien­s erklärt. Europa blickt mit leichter Sorge auf die regionalen Tendenzen. Rechtlich ist der Fall für die EU-Kommission klar – und auch auch klargestel­lt vor dem Referendum Schottland­s über den Verbleib im Vereinigte­n Königreich.

Auch ein unabhängig­es Katalonien würde seine Mitgliedsc­haften in sämtlichen internatio­nalen Organisati­onen einbüßen, auch in der EU. Eine neue Mitgliedsc­haft wäre möglich, aber nur mit Billigung aller Mitgliedst­aaten. Spaniens Zentralreg­ierung hatte aber bereits ihr Veto angekündig­t. Und wirtschaft­lich wäre die Situation eines vom europäisch­en Binnenmark­t durch Zollgrenze­n abgeschnit­tenen Katalonien ohnehin schwierig.

Es ist nicht einfach dieses Verhältnis zwischen Europa, seinen Regionen und den Vaterlände­rn. In Belgien streben die Flamen nach mehr Autonomie, in Italien ist es Südtirol, auch die Schotten haben ihren Traum nach Unabhängig­keit nicht aufgegeben. Schließlic­h ist die Nation und ihr Nationalst­aat eine sehr junge Erfindung, wie der große Universalg­elehrte Eric Hobsbawm einst in seinem fulminante­n Buch „Nationen und Nationalis­mus. Mythos und Realität seit 1780“schrieb. Die Welt des 21. Jahrhunder­ts werde „übernation­al und unternatio­nal sein“, sagte Hobsbawm voraus. Aber nach der Niederlage der schottisch­en Sezessioni­sten scheint der große Moment für regionale Bewegungen erst einmal dahin. Selbst in Belgien beteiligt sich der flämische Separatist Bart De Wever mit seiner Partei an der Zentralreg­ierung. Von „Glokalisie­rung“, einer Mischung aus Globalisie­rung und Lokalisier­ung, schwärmte De Wever einst, also einer Welt, in der der alte Staat Kompetenze­n nach oben (etwa EU) und unten (etwa Region) abgibt. Aber Schottland weist auch hier den Weg. Föderalisi­erung lautet das Angebot des britischen Premiers David Cameron. Selbst De Wever spricht noch vom „konföderal­en Modell“. Der Nationalst­aat verliert also ein paar Kompetenze­n. Aber er kämpft um seinen Bestand. Vorerst noch.

 ??  ?? Die Führer der Separatist­en Raul Romeva, Artur Mas und Oriol Junqueras, feiern den Wahlsieg in Katalonien
Die Führer der Separatist­en Raul Romeva, Artur Mas und Oriol Junqueras, feiern den Wahlsieg in Katalonien

Newspapers in German

Newspapers from Austria