Katalanen heizen Debatte neu an
Europäische Union schaut mit leichter Sorge auf Ergebnis der Regionalwahlen.
BRÜSSEL. Katalonien hat gewählt. Und die EU-Kommission äußerte sich am Montag nur knapp. Man werde das Ergebnis nicht kommentieren. Zurückhaltender geht es nicht. Aber Zurückhaltung ist auch geboten. Nur nicht rütteln am spanischen Zentralstaat. Schließlich hatte der katalonische Regionalpräsident Artur Mas das Votum zu einer Abstimmung über die Unabhängigkeit Kataloniens erklärt. Europa blickt mit leichter Sorge auf die regionalen Tendenzen. Rechtlich ist der Fall für die EU-Kommission klar – und auch auch klargestellt vor dem Referendum Schottlands über den Verbleib im Vereinigten Königreich.
Auch ein unabhängiges Katalonien würde seine Mitgliedschaften in sämtlichen internationalen Organisationen einbüßen, auch in der EU. Eine neue Mitgliedschaft wäre möglich, aber nur mit Billigung aller Mitgliedstaaten. Spaniens Zentralregierung hatte aber bereits ihr Veto angekündigt. Und wirtschaftlich wäre die Situation eines vom europäischen Binnenmarkt durch Zollgrenzen abgeschnittenen Katalonien ohnehin schwierig.
Es ist nicht einfach dieses Verhältnis zwischen Europa, seinen Regionen und den Vaterländern. In Belgien streben die Flamen nach mehr Autonomie, in Italien ist es Südtirol, auch die Schotten haben ihren Traum nach Unabhängigkeit nicht aufgegeben. Schließlich ist die Nation und ihr Nationalstaat eine sehr junge Erfindung, wie der große Universalgelehrte Eric Hobsbawm einst in seinem fulminanten Buch „Nationen und Nationalismus. Mythos und Realität seit 1780“schrieb. Die Welt des 21. Jahrhunderts werde „übernational und unternational sein“, sagte Hobsbawm voraus. Aber nach der Niederlage der schottischen Sezessionisten scheint der große Moment für regionale Bewegungen erst einmal dahin. Selbst in Belgien beteiligt sich der flämische Separatist Bart De Wever mit seiner Partei an der Zentralregierung. Von „Glokalisierung“, einer Mischung aus Globalisierung und Lokalisierung, schwärmte De Wever einst, also einer Welt, in der der alte Staat Kompetenzen nach oben (etwa EU) und unten (etwa Region) abgibt. Aber Schottland weist auch hier den Weg. Föderalisierung lautet das Angebot des britischen Premiers David Cameron. Selbst De Wever spricht noch vom „konföderalen Modell“. Der Nationalstaat verliert also ein paar Kompetenzen. Aber er kämpft um seinen Bestand. Vorerst noch.