„Die Wahl ist keinegmahte Wiesn“
Bürgermeister Michael Häupl hält in der Asylfrage an seinem Kurs fest: „Es gibt kein Zittern, kein Zaudern, kein Zögern.“
Sie haben nach der Oberösterreich-Wahl gemeint, Sie rechnen nicht mit Verlusten. War das ironisch gemeint oder sind Sie tatsächlich davon überzeugt, dass es eine „gmahte Wiesn“wird? MICHAEL HÄUPL: Die Wahl ist keine gmahte Wiesn, davon ist ja keine Rede. Ich habe es in dieser Form gar nicht gesagt. Es ist etwas zugespitzt rübergekommen. Wie sagen meine Freunde von den Sozialwissenschaften: Rechnerisch ist alles möglich.
Oberösterreich hat gezeigt, dass der Abwärtstrend des Amtsinhabers Pühringer durch die Flüchtlingsfrage deutlich verstärkt wurde. Pühringer hätte in jedem Fall verloren, aber das Ausmaß war schon durch die aktuellen Ereignisse bestimmt. Müssen Sie nicht Ähnliches in Wien befürchten? HÄUPL: Wir haben nicht gewackelt. Wir sind permanent die gleiche Linie gefahren. Wer zu uns kommt, wer an Leib und Leben bedroht ist und wer um Hilfe bittet, bekommt diese Hilfe. Da gibt kein Zittern, kein Zaudern, kein Zögern.
Also keine Kursänderung? HÄUPL: In Österreich ist die Orbán-Rolle bereits besetzt, und der Anstand und der Charakter gebieten, dass man das Gegenteil macht.
Was sagen Sie jenen Leuten nicht nur im Gemeindebau, die angesichts der Bilder von Nickelsdorf Ängste entwickeln, weil sie nicht wissen, wie das weitergeht? HÄUPL: Ich hoffe, es gibt mehr Leute, die sich von den Bildern des Lastwagens auf der Ostautobahn beeindrucken lassen oder vom schrecklichen Bild von dem kleinen Buben mit dem roten Leiberl, der im Mittelmeer ertrunken ist und angespült wurde. Ich bin viel im Gemeindebau unterwegs, wo es dann manchmal heißt, wir haben nichts für die Ausländer übrig – oder sogar grober formuliert. Aber dann heißt es: Dass ihr den Kindern helft, ist in Ordnung.
Mit Verlaub, das eine schließt das andere nicht aus. So tragisch die Bilder von dem Kind sind, gibt es doch auch Leute, die nie die Freiheitlichen gewählt haben und sich dennoch die Frage stellen: Schaffen wir das? HÄUPL: Natürlich schaffen wir das. Man darf nicht vergessen, dass 95 Prozent der Flüchtlinge nicht bei uns bleiben. Da muss man bei der Wahrheit bleiben und nicht glauben, was die Freiheitlichen dauernd erzählen. Die meisten Flüchtlinge wollen nach Deutschland, Skandinavien, in andere europäische Länder. Die Schritte, die letzte Woche in Brüssel gesetzt worden sind, sind erste vernünftige Schritte. Man muss die Flüchtlingslager in der Türkei, im Libanon, Jordanien unterstützen. Die Menschen haben ja leider oft nur die Wahl: Entweder werden sie von den Terroristen des IS ermordet oder ihre Kinder verhungern in diesen Lagern. Dass man sich angesichts solcher Alternativen auf den Weg macht, ist verständlich. Ich kann nur wiederholen, was ich immer sage: Hier stehe ich und kann nicht anders. Für mich ist es selbstverständlich, dass man solchen Menschen hilft, wenn sie zu uns kommen.
Der Durchbruch bei den Regierungschefs und den Innenministern in der Quotenfrage war nur ein Schmalspurkompromiss. Eine substanzielle Entlastung darf man sich vorerst nicht erwarten? HÄUPL: Die Lösung ist die Beendigung des Krieges, und da gibt es erste positive Anzeichen. Ich denke an das Gespräch von Obama und Putin letzte Nacht in New York. Ich weiß, es ist nur ein Anfang.