Der Urlaubszauber als Stunde der Illusionisten
Mehr Urlaub? Ja, eh. Aber die Musik spielt woanders.
Der Herbst zieht ins Land, der Urlaub ist verbraucht, und jetzt kann man natürlich trefflich fragen: Wer möchte sie nicht? Die sechste Urlaubswoche ist – für sich genommen – eine No-nanet-Forderung. Kurzarbeit einmal anders! Bezahlte Freizeit kann man im „Land der Berge“und der Frühpensionisten nie genug haben.
Soweit der Jux an der Sache, und viel mehr ist derzeit noch nicht am Tisch. Zwar kann man über Leistungsdruck, betriebliche Gesundheit, Arbeitskosten und Soziallasten immer nachdenken. Doch der Gesprächsrahmen deutet diesmal eher auf kreuzfidelen Unernst hin.
Wenn die Unternehmer vor der Tarifrunde eine „Arbeitszeit-Garantie“fordern, ist das ziemlich kühn. Ebenso gut könnten sie konstante Rohstoff- und Energiepreise verlangen, denn auch diese Größen haben Einfluss darauf, welche Löhne sich Firmen leisten können. In Wahrheit ist es Kern des Unternehmertums, kommende Risiken (auch sozialpolitische!) abzuschätzen und auf dieser fragilen Basis zu kalkulieren.
Aber das Urlaubstheater war sowieso nur inszeniert – als Querschuss gegen die ungeliebten überbetrieblichen Lohnrunden. Der Schuss ging insofern nach hinten los, als eine schon mehr oder minder still begrabene Gewerkschaftsforderung nun plötzlich wieder ganz oben auf der Agenda steht.
Andererseits ist klar, dass mitten im scharfen globalen Standortrennen die sechste Woche für alle nicht kommen kann. Zumindest nicht so, wie die Gewerkschaft sich das vorstellt, also als zusätzliche Wohltat zu Produktivitäts- und Inflationsabgeltung, Vorrückungen und Steuerreform.
Der noch höhere Schutz für wenige würde mit Sparpro- grammen, Jobabbau und der nochmaligen Verteuerung der Arbeitskosten von Älteren erkauft. Ob das angesichts von im Schnitt 38 Urlaubs- und Feiertagen jährlich ein guter Tausch ist? Bei Löhnen wird die Abflachung der (Gehalts-)Kurve verlangt, bei Freizeit will man sie jetzt wieder steiler machen.
Man kann natürlich den Geist der ominösen „Hacklerregelung“beschwören und das Bild vom armen, in 25 Jahren geschundenen Wanderarbeiter malen. Der „Hackler“wurde oft missbraucht. Und selbst in jenen Fällen, wo das Bild zutrifft, sollte man besser über Gesundheit am Arbeitsplatz reden. er Zusatzurlaub ist eine schöne Illusion. Doch es gilt die unbequeme Formel: Da kein Geld vom Himmel fällt, muss jedes Mehr an bezahlter Freizeit durch ein Mehr an Produktivität erarbeitet werden. Also durch Leistungsverdichtung in der ohnehin schon stressigen Arbeitswelt.
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