Künstlerische Fragen nach dem Sinn des Leidens
Neue Bilder und Objekte von Hannes Priesch.
GRAZ. „Ein Ruf nach Opferseelen“ist Titel eines Büchleins von Franz Xaver Hasler aus den 1930er-Jahren. Von Texten, die davon handeln, dass (ausgehend vom Kreuzestod Christi) Leiden eine Gnade ist, durch die Seelen gerettet werden können. Einschlägige Zitate des Benediktiners verarbeitet Hannes Priesch in seiner neuen Serie „Durst nach Opferseelen“, Aquarelle auf Hanfpapier aus Afghanistan.
„Wir alle müssen Opfer bringen“, hat der in New York lebende steirische Künstler die Präsentation aktueller Arbeiten betitelt. Eine Präsentation, die Priesch mit einer Performance eröffnete, einem durchaus ernsten Spiel mit christlicher Passionsikonografie, das in einer heiteren Auferstehung mündete.
Die neuen Bilder, Videos, Objekte und Installationen greifen zurück in die eigene, von ländlichem Katholizismus tief geprägte (Familien-)Geschichte. Der „Sendbote“, aus dem Hasler Zitate nahm, fand sich im Nachlass der Mutter. Aus diesem stammen ebenso Dinge, die sich auf „Salvation A/Heils A“, einem Tischobjekt, zu einer sentimentalen, mental aber durchaus in die Gegenwart auskragenden Miniaturlandschaft fügen. Hannes Priesch. Bis 30. Oktober. Galerie Artepari, Graz, Peter-TunnerGasse 60. artepari.com
Wir wollten an dieser Stelle möglichst nicht über Geld sprechen, bei Ihnen müssen wir wohl: Wie viel Subventionsgelder vorverantwortet denn eigentlich das Kulturkuratorium? IGO HUBER: Plus minus zehn Millionen Euro pro Jahr, wobei der größte Teil der Förderungen an die freie Szene direkt vom Kuratorium empfohlen wird, der Rest erfolgt über die Kulturabteilung.
Nach den letzten Entscheidungen des Kuratoriums über mehrjährige Förderungen gingen wegen tatsächlicher oder vermeintlicher Ungerechtigkeiten die Wogen hoch. Wie wollen Sie diese glätten? HUBER: Solche Vorwürfe kommen ja immer aus durchaus verständlichen Enttäuschungen heraus, wenn nicht wie erhofft subven- tioniert wurde. Es geht übrigens nicht ums Glätten, sondern um die Bewusstmachung, dass zuvor gewährte Förderungen nicht auf ewig 1 : 1 fortgeschrieben werden können, da herrscht bei Antragstellern oft ein grundfalscher Zugang. Und bei schmelzenden Budgets ist das Kuratorium mehr denn je gefordert, für verantwortungsvolle Verteilung und auch Umverteilung zu sorgen. Redimensionierung ist in Zeiten wie diesen unser täglich Brot, bei den Gebern wie bei den Nehmern.
Die Kuchen werden kleiner und mit der wachsenden Menge der Bewerber logischerweise auch die Kuchenstücke. Wann zuckt das kritische Auge des Kuratoriums? HUBER: Wenn das eingereichte Projekt an sich nicht stimmt, also zum Beispiel schlicht die Qualität, der kulturpolitische Aspekt oder die Effizienz eines Programmpunktes anzuzweifeln sind. Oder wenn – was oft vorkommt – Traum und Wirklichkeit extrem auseinanderklaffen, also etwa Budgets weit von den Rechnungsabschlüssen abweichen. Oder wenn wir ressortmäßig unzuständig sind: Wir fördern keine Infrastruktur, keine Schule und auch keine Bildung. Wegen Letz- terem kam ja der Vorwurf der gekürzten Akademie Graz, wir hätten einen zu engen Kulturbegriff: Mag sein, aber sonst wären wir wohl gleich für alles zuständig.
Eine immer wieder geäußerte Kritik lautet, die Kuratoriumsmitglieder seien parteiisch bis parteipolitisch und urteilen dementsprechend nicht objektiv. HUBER: In der Sache gibt es naturgemäß keine klassische Objektivität, bei der man bloß Kriterienpunkte abhaken muss. Aber das Kuratorium ist mit 15 ausgewiesenen Experten besetzt, die nach ausführlichen Debatten möglichst fair beurteilen. Natürlich hat jedes Mitglied seinen Hintergrund und kennt seine jeweilige Szene, darüber gibt es immer wieder Diskussionen. Dennoch: Ich halte das Kuratoriumssystem für optimal. Mit den Einreichterminen haben wir die Chance, uns in der Wettbewerbssituation der Antragsteller einen Gesamtüberblick mit guter Vergleichbarkeit zu verschaffen. Und der Vorwurf, wir würden die Fachbeiräte nie beiziehen, stimmt nicht, zuletzt griffen wir bei einem Drittel der Fälle auf sie zurück.
Sie können also trotz herber Kritik in den Spiegel schauen?