Eine betrübliche Posse hinter Rauchschwaden
Italien handelt, unsere Lokale sind erst 2018 rauchfrei.
Italien greift durch: Gestern traten bei Österreichs südlichem Nachbarn (noch) schärfere Maßnahmen gegen das Rauchen in Kraft – mit einem langen Strafenkatalog, der bis hin zu geschmalzenen 4000 Euro reicht. Pönalen schmecken mündigen Bürgern nicht, doch in diesem Fall sollen sie Kinder, Jugendliche und andere Nicht- und Passivrauchende schützen. In den meisten EUStaaten wird dort, wo gegessen oder getrunken wird, seit Jahren nicht mehr an Zigaretten gezogen: Sitzt, passt, gibt Luft.
Hierzulande bleibt alles anders: Noch weiter zuwarten, schlappe 27 Monate, bis sich in der Gastronomie im Mai 2018 auch die letzten Rauchschwaden lichten sollen. Jedes Mal, und wirklich erst dann, wenn der kollektive Aschenbecher allzu voll wurde, setzte Österreichs Politik beim Rauchen so etwas wie Schritte. Selten nach vorne – dafür lieber kommod im Stand oder gleich rückwärts taumelnd, nie mit viel Konsequenz oder gar Logik – dafür lieber Pirouetten der Unent- schlossenheit tanzend. Der Volkstenor: „Kruzifix, rauchen wird einem viel schwieriger gemacht als früher – aber eigentlich geht es eh noch überall.“
Seit Jahrzehnten gibt man eine nikotingegerbte Posse in ihrer Wiederaufführung, deren Beginn wohl mit September 1992 datierbar ist. Der einstige Gesundheitsminister Michael Ausserwinkler hatte damals in der ORF-„Pressestunde“Pläne gegen das Rauchen präsentiert. Danach passierte mehr oder weniger nichts. Zwölf Jahre lang, wohlgemerkt. Weitere Etappen: Evaluierung von freiwilliger Selbstverpflichtung (im gelernten Österreichisch: „Schau ma mal, dann wird schon was, aber drück ma eineinhalb Augen zu“), Vorhaben, Verzichte, Nachdenkpausen, fa- tale Tatenlosigkeit. 2009 dann ein Tabakgesetz, das ein „grundsätzliches“Rauchverbot verordnete und grundsätzlich für alle Seiten untauglich war, nicht kontrolliert wurde, dafür aber Wirte mit kostspieligen und oft auch sinnfreien Umbauten zum Glimmen brachte. Was in britischen Pubs – traditionell kein Hort der Abstinenz – möglich ist, nämlich mit Gleichgesinnten ins Freie zu treten und dort paffend zu sozialisieren, ist in Österreich offenbar ungangbar. olitik, die in einem für die Volksgesundheit elementaren Punkt nur auf trügerische Selbstregulierung baut, verfehlt sich selbst und ihr Thema. Jeder, der im echten Leben einen Betrieb leiten soll und Entscheidungen ad infinitum vertagt, wird rasch an die Luft gesetzt – an die frische, hoffentlich: Jährlich sind 13.000 bis 14.000 Todesopfer durch Tabakkonsum zu beklagen. Seit erwähnter Pressestunde 1992 starben so 300.000 Menschen.
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