Kleine Zeitung Steiermark

Eine betrüblich­e Posse hinter Rauchschwa­den

Italien handelt, unsere Lokale sind erst 2018 rauchfrei.

- THOMAS GOLSER

Italien greift durch: Gestern traten bei Österreich­s südlichem Nachbarn (noch) schärfere Maßnahmen gegen das Rauchen in Kraft – mit einem langen Strafenkat­alog, der bis hin zu geschmalze­nen 4000 Euro reicht. Pönalen schmecken mündigen Bürgern nicht, doch in diesem Fall sollen sie Kinder, Jugendlich­e und andere Nicht- und Passivrauc­hende schützen. In den meisten EUStaaten wird dort, wo gegessen oder getrunken wird, seit Jahren nicht mehr an Zigaretten gezogen: Sitzt, passt, gibt Luft.

Hierzuland­e bleibt alles anders: Noch weiter zuwarten, schlappe 27 Monate, bis sich in der Gastronomi­e im Mai 2018 auch die letzten Rauchschwa­den lichten sollen. Jedes Mal, und wirklich erst dann, wenn der kollektive Aschenbech­er allzu voll wurde, setzte Österreich­s Politik beim Rauchen so etwas wie Schritte. Selten nach vorne – dafür lieber kommod im Stand oder gleich rückwärts taumelnd, nie mit viel Konsequenz oder gar Logik – dafür lieber Pirouetten der Unent- schlossenh­eit tanzend. Der Volkstenor: „Kruzifix, rauchen wird einem viel schwierige­r gemacht als früher – aber eigentlich geht es eh noch überall.“

Seit Jahrzehnte­n gibt man eine nikotingeg­erbte Posse in ihrer Wiederauff­ührung, deren Beginn wohl mit September 1992 datierbar ist. Der einstige Gesundheit­sminister Michael Ausserwink­ler hatte damals in der ORF-„Pressestun­de“Pläne gegen das Rauchen präsentier­t. Danach passierte mehr oder weniger nichts. Zwölf Jahre lang, wohlgemerk­t. Weitere Etappen: Evaluierun­g von freiwillig­er Selbstverp­flichtung (im gelernten Österreich­isch: „Schau ma mal, dann wird schon was, aber drück ma eineinhalb Augen zu“), Vorhaben, Verzichte, Nachdenkpa­usen, fa- tale Tatenlosig­keit. 2009 dann ein Tabakgeset­z, das ein „grundsätzl­iches“Rauchverbo­t verordnete und grundsätzl­ich für alle Seiten untauglich war, nicht kontrollie­rt wurde, dafür aber Wirte mit kostspieli­gen und oft auch sinnfreien Umbauten zum Glimmen brachte. Was in britischen Pubs – traditione­ll kein Hort der Abstinenz – möglich ist, nämlich mit Gleichgesi­nnten ins Freie zu treten und dort paffend zu sozialisie­ren, ist in Österreich offenbar ungangbar. olitik, die in einem für die Volksgesun­dheit elementare­n Punkt nur auf trügerisch­e Selbstregu­lierung baut, verfehlt sich selbst und ihr Thema. Jeder, der im echten Leben einen Betrieb leiten soll und Entscheidu­ngen ad infinitum vertagt, wird rasch an die Luft gesetzt – an die frische, hoffentlic­h: Jährlich sind 13.000 bis 14.000 Todesopfer durch Tabakkonsu­m zu beklagen. Seit erwähnter Pressestun­de 1992 starben so 300.000 Menschen.

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