Kleine Zeitung Steiermark

Bei Tiertransp­orten enttarnt

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Eine rechtliche Grundlage ist also gegeben. Laut Tierschutz­aktivisten hapert es allerdings an der Umsetzung. Die Organisati­onen Tierschutz­bund Zürich (CH), Animal Welfare Foundation (GER) und Eyes on Animals (NED) und Compassion in World Farming (UK) haben über einen Zeitraum von rund fünf Jahren den Export von Rindern, Schafen und Ziegen aus der EU in die Türkei beobachtet und dokumentie­rt. Die Ergebnisse sind demnach erschütter­nd. 70 Prozent aller kontrollie­rten Transporte wiesen Mängel auf. Die zulässige Anzahl der Tiere auf den Ladefläche­n wurde überschrit­ten, wie auch die maximale Transportd­auer – bei Kälte wie bei Hitze. Wasser und Nahrung waren nicht immer in ausreichen­dem Maß vorhanden. Teams der Organisati­onen haben Tiere dabei beobachtet, wie sie den Mix aus Einstreu und ihren eigenen Exkremente­n fraßen, weil sie so ausge- hungert waren. Zudem verendeten Tiere vor den Augen ihrer Artgenosse­n, wurden erdrückt oder waren von vornherein zu geschwächt, um die tagelange Tortur überstehen zu können.

Im Niemandsla­nd

Viele der in den EU-Mitgliedss­taaten startenden Transporte in Drittstaat­en passieren die bulgarisch-türkische Grenze. Manche Lkw sind laut des Berichts bereits länger als 24 Stunden unterwegs, wenn sie das Niemandsla­nd zwischen Bulgarien und der Türkei erreichen. Die mit der Ausreise verbundene Bürokratie kann mitunter Tage in Anspruch nehmen, in denen die Tiere bei jeder Witterung in den Transporte­rn ausharren müssen. Platz zum Entladen der Tiere gäbe es dort nicht, kritisiert York Ditfurth vom Tierschutz­bund Zürich. Im Zuge dieser Transporte würde häufig gegen geltendes EU-Recht verstoßen. „Darauf wollen wir mit un- serem Bericht aufmerksam machen“, sagt er. Das Aufzeigen derartiger Missstände in Medien sieht er als letzten Ausweg, um dagegen anzugehen. Konstrukti­ve Zusammenar­beit mit der Legislativ­e und den Behörden ziehe seine Organisati­on vor.

Die Lage in Österreich

Nur zwei der von den Aktivisten kontrollie­rten Tiertransp­orte stammten aus Österreich, beide hielten der Inspektion durch die Aktivisten laut Bericht nicht stand. Dennoch gibt es zumindest innerhalb der Bundesgren­zen aktive Bemühungen seitens der Behörden. Im Jahr 2014 hat das Gesundheit­sministeri­um mehr als 140.000 Kontrollen durchgefüh­rt, 1757 waren nicht gesetzesko­nform. Bei 99 Tiertransp­orten stellten Kontrollor­gane Schmerzen oder ein Leiden der Tiere fest, in 204 Fällen kam es zu Anzeigen gegen die Transportu­nternehmen.

Irina Fronescu von der Organisati­on Vier Pfoten in Österreich weist darauf hin, dass die meisten Kontrollen erst auf den Schlachthö­fen vorgenomme­n würden: „Zu wenige Transporte werden auf den Straßen kontrollie­rt, wo aber die meisten internatio­nalen Langstreck­entranspor­te durchfahre­n.“Ihre Organisati­on fordert unter anderem die Begrenzung der Fahrzeiten auf acht Stunden und die Verpflicht­ung, den nächstgele­genen Schlachtho­f anzufahren. Dies stärke auch die regionale Wirtschaft, sagt sie. Obwohl die Kontrollen in Österreich in den letzten Jahren zugenommen haben, sieht Fronescu keine Verbesseru­ng der Situation. Die Verantwort­ung liege auch beim Verbrauche­r: „Bewusster Konsum kann viel bewirken.“ Weitere Informatio­nen. Video- und Infomateri­al zum Thema finden Sie unter www.kleinezeit­ung.at/tiere

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