Zungenblütlerin voller
Friederike Mayröcker und ihr Wortwundergarten: Die Wiener Dichterin beschließt mit „fleurs“die Trilogie ihrer Jahresberichte.
aus:
»das Selfie der Christine Lavant« Denn für Friederike Mayröcker ist Schreiben wie Atmen.
2013 waren es „études“(„Fetzchen“). 2014 war es ein „cahier“(„Heftchen“). Und nun liefert die Schwester des Orpheus mit „fleurs“(„Blumen“) das Finale ihrer Trilogie von Jahresberichten. Flieder und Veilchen, Lilien und Arnika, Vergissmeinnicht und Glockenblume, Primel, Tulpen, Heckenrose . . . Kaum einer der dichten Texte in Mayröckers Wortwundergarten kommt ohne Blütenmeer aus, aufwogend und „um dein Herz sprieszend“.
Bloß lieblich und duftend ist freilich nichts in der poetischen Prosa der Schriftstellerin. Mit scharfem Auge durchmisst sie den Alltag, ständig voller Lust, auch dem vielleicht Banalen das Besondere abzuringen. In der Strenge der Entdeckerin steckt aber immer auch Witz, der pfiffige Kumpel des Geists, der ohnehin schon immer über ihrer Hermes Baby schwebte. Aus dieser ihrer heiß geliebten Schreibmaschine fließen Erinnerungen, nie ohne Anrufungen ihres „Handund Herzgefährten“Ernst Jandl, der im Juni 2000 verstarb. Von ihrer „Zettelhöhle“in Margareten aus bricht sie in geheimnisvollen Gedankenflüssen zu Wanderungen in die Welt der Bilder auf.
Die sind vielfach bevölkert von der Kunst, den Künstlern. Man begegnet Dalí, Duchamp und Yves Klein. Hölderlin, Lavant und Konrad Bayer. Händel, Liszt