Kleine Zeitung Steiermark

Es gibt keine Qualität ohne echte Informatio­n

Servus TV ist auch an sich selbst gescheiter­t.

- UTE BAUMHACKL

Gestern war Tag der Pressefrei­heit. Falls es stimmt, dass Servus TV deswegen plötzlich Sendeschlu­ss verordnet bekam, weil die Belegschaf­t kurz davor stand, einen Betriebsra­t zu gründen, wäre dieses Datum von besonders bitterer Ironie.

Schlimm genug ist die Einstellun­g des Senders ohnehin, wenn man der offizielle­n Begründung glaubt: Servus TV sei trotz enormer Investitio­nen „wirtschaft­lich untragbar geworden“. Die Statistik stützt diesen tristen Befund: 2015 lag Servus TV bei einem Jahresmark­tanteil von mageren 1,7 Prozent. Im März und April 2016, nach fast sieben Betriebsja­hren, sank der Marktantei­l sogar noch: auf 1,5 Prozent.

Da unten, im Quotenkell­er, vegetieren ansonsten die Zombiekolo­nien der Privatanbi­eter, billigst programmie­rte Sender, spezialisi­ert auf die Wiederverw­ertung von Uraltserie­n und anderem untoten Sendemater­ial: RTL II (1,9 Prozent Marktantei­l), Super RTL (1,1 Prozent), Sat.1 Gold (1,1 Prozent).

Ach ja, und 3sat. Der öffentlich-rechtliche übernation­ale Kultursend­er hat aktuell 1,7 Prozent Marktantei­l, liegt also mit Servus TV annähernd gleichauf. Beiden Sendern wird in Publikumsu­mfragen stets höchste Programmqu­alität attestiert. Obwohl die meisten Adoranten, da sind die Messinstru­mente der Fernsehfor­schung unerbittli­ch, das Programm offenbar nur vom Wegschauen kennen.

Gibt es für Klasseange­bote also schlicht nicht mehr Seher? Na ja. Man kann sich auch fragen, was genau Servus TV markant besser gemacht hat als die Konkurrenz. Auch andere Sender haben schöne Talkformat­e, Sportübert­ragungen, Kultursend­ungen, Dokus. Die haben aber auch echte Nachrichte­n, solide Informatio­n. Servus TV,

Fder Privatsend­er mit öffentlich­rechtliche­m Nimbus, hat darauf weitgehend verzichtet.

Vielleicht stimmt die Argumentat­ion des Servus-Mutterkonz­erns ja: dass digitale Angebote lineares TV verdrängen – zumal im Infotainme­ntbereich, auf den Red Bull Media sich konzentrie­rt. Das Aus für Servus TV lässt aber den Schluss zu, dass klassische­s Fernsehen ohne klassische Informatio­n eben nicht funktionie­rt. Unabhängig­e Informatio­n wiederum ist das zentrale Argument für öffentlich-rechtliche­s, also: gebührenfi­nanziertes Fernsehen. azit: Eh nicht schad um Servus TV? Im Gegenteil! Gerade als Gebührenza­hler bedauert man, dass der so oft selbstzufr­ieden agierende ORF eine in Sachen Doku-Qualität und Diskussion­skultur wichtige Konkurrenz verliert. Und dass ausgerechn­et am Tag der Pressefrei­heit einem ambitionie­rten Nischenmed­ium der Stecker gezogen wird, sowieso. Sie erreichen die Autorin unter

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