„Verbauung spielt gegen uns“
Landesrat Seitinger über Pläne und Probleme der Wasserwirtschaft.
INTERVIEW Herr Landesrat, in einigen am Wochenende überschwemmten Gemeinden fragt man sich, wo der Hochwasserschutz bleibt. HANS SEITINGER: Wir sind im Dauerstress, können häufig nur reagieren und die mittelfristigen Planungen wieder anpassen. Dabei werden von Bund, Land und Gemeinden in der Steiermark bereits zwischen 40 und 50 Millionen Euro im Jahr in Rückhaltebecken etc. investiert.
Alles eine Frage des Geldes? SEITINGER: Natürlich müssen wir weiterhin investieren, aber die Bodenversiegelung spielt gegen uns. Vieles wird verbaut, die frei- en Böden können die Wassermassen ebenso wenig aufnehmen wie alte Kanäle, die für diese Mengen nicht ausgelegt sind.
Wie kann man als Landespolitik gegensteuern? SEITINGER: Unsere Raumordnung muss restriktiver werden. Auf der einen Seite werden täglich 31 Fußballfelder verbaut, auf der anderen stehen im Ausmaß Tausender Hektar Fabrikshallen etc. leer. Es ist auch kein Geheimnis, dass wir vor allem in den Ballungszentren im Wohnbau weiter verdichten und noch höher bauen müssen, um die wichtigen Grünflächen zu erhalten.
Täuscht der Eindruck, dass es von der Planung bis zum Umsetzen von Hochwasserschutzbauten sehr lange dauert? SEITINGER: Das ist nicht die Regel. Ich verschweige aber nicht, dass es – wie zum Beispiel in Graz-Andritz – durch den Widerstand Einzelner zu Verzögerungen gekommen ist. Manchmal ziehen sich die Ablöseverhandlungen dermaßen in die Länge, dass eine Enteignung zu prüfen ist. Natürlich sind Rückhaltebecken nicht allerorts sinnvoll.
Die Alternativen? SEITINGER: Man darf ruhig an die Eigenverantwortung appellieren: Agrar-, Wasserwirtschaftslandesrat Seitinger Wertvolle Gegenstände, Elektrogeräte etc. lagert man nicht im Keller. Oder man holt sie, wenn sich ein Unwetter ankündigt. Wir arbeiten mit den Experten gemeinsam daran, die Vorwarnsysteme zu verbessern. Denn die zeitliche Dichte von Naturereignissen oder -katastrophen nimmt infolge des Klimawandels zu. Das müssen wir akzeptieren. Auch in der Landwirtschaft.