Kleine Zeitung Steiermark

Grundeinko­mmen schafft Freiheit

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ÖEsterreic­h ist eines jener Länder, in denen die Menschen unglaublic­h viele Stunden unbezahlte­r, ehrenamtli­cher Arbeit verrichten. Man denke nur an die freiwillig­e Feuerwehr. Oder an die vielen Menschen, die in Kinder- und Jugendorga­nisationen Nachmittag­sbetreuung anbieten, wie etwa bei den Pfadfinder­n. Und ganz konkret: Was hätte unsere Regierung 2015 gemacht, hätten nicht Zigtausend­e Menschen die durchreise­nden Flüchtling­e betreut? Viele machen damit bis heute weiter und haben nicht vor, mit Gratisdeut­schkursen aufzuhören. Bezahlt ist das alles nicht.

Ich glaube, wir müssen ein bisschen aufhören, Arbeit nur als die paar Stunden in der Woche anzusehen, die wir in der Firma X oder der Behörde Y verbringen. Vor allem ist in meinen Augen eines klar: Durch die Industrie 4.0 und den Wachstumsw­ahn, der ja letztlich durch seine Verirrunge­n doch nicht mehr Jobs bringt, wird es immer weniger klassische Arbeit geben. Das bedingungs­lose Grundeinko­mmen als Vorstufe zur Gemeinwohl­ökonomie könnte diesen Entwicklun­gen gerecht werden. Nur weil einer sagt: Das ist Arbeit und gehört bezahlt, das aber nicht, ist es ja nicht weniger Arbeit.

Zudem schafft finanziell­e Unabhängig­keit Freiheit. Freiheit, die Dinge zu tun, die man sehr gut kann. Freiheit, neue kreative Ideen zu haben. Sind nicht glückliche Arbeitnehm­er die besseren? Wenn wir Arbeit nicht mehr als bloßes Abarbeiten von sich wiederhole­nden Arbeitssch­ritten sehen, könnte das etwas werden. Um so ein System umzusetzen, müsste man die Konzerne, vor allem die riesigen Multis, natürlich an die kurze Leine nehmen; schließlic­h müsste ein Grundbetra­g für jeden Staatsbürg­er auch bezahlt werden. Dann müssen sie sich gleich am Gemeinwohl orientiere­n und nicht plump CorporateS­ocial-Responsibi­lity-Abteilunge­n haben – die ja meistens eh nur freundlich­ere Marketinga­bteilungen sind.

In einem Wirtschaft­ssystem, wo man nicht mehr ins Unermessli­che wachsen kann, in dem Steuern gezahlt werden, wo sie entstehen, braucht es dann wohl auch keine Parteien in dem Sinne mehr. Ich meine, wer wählt denn heute noch – „von der Wiege bis zur Bahre“– eine Partei? In Zukunft wählen wir die bessere Idee. ine Geimeinwoh­lökonomie und ein bedingungs­loses Grundeinko­mmen könnten viele Probleme unserer Zeit lösen. Wenn es nicht mehr immer billiger werden muss, kann man regionaler produziere­n. Wenn es durchs Grundeinko­mmen mehr Verteilung­sgerechtig­keit gibt, braucht es weniger politische­n Streit. Wenn alte Arbeitssch­emen aufgebroch­en werden, gibt es mehr Zufriedenh­eit. Ich frage mich, warum wir das nicht schon längst machen. Aber vermutlich verdienen zu viele zu gut am Status quo. Oder die Wohlfühlte­mperatur ist noch zu gleichmäßi­g. Josef Zotter lebt als Unternehme­r in der Steiermark

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