Integration ist mehr als Gesetzestreue
FUlüchtlinge, die in Österreich bleiben wollen, müssen sich integrieren, weil sonst das Zusammenleben im Sinne eines europäischen Demokratieverständnisses nicht möglich ist. Über das Ausmaß dieser Integration bestehen jedoch große Differenzen. Dass die Gesetze befolgt werden müssen, ist unbestritten. Das bedeutet noch nicht, alle mit dem Gesetz verbundenen Werte zu akzeptieren. Selbst für den integrierten Österreicher decken sich nicht immer seine Wertvorstellungen mit dem Gesetz. Über Bestrafung oder Nichtbestrafung des Schwangerschaftsabbruchs und den Inhalt manch anderer Normen bestehen hin und wieder Meinungsverschiedenheiten. Der Gesetzgeber versucht, den mit den westlichen Werten unvereinbaren kulturellen Vorstellungen Einhalt zu gebieten. So hat er die Zwangsheirat unter schwere Strafe gestellt. Allein die „Drohung des Entzugs der familiären Kontakte“, wenn die Tochter den vom Vater bestimmten Bräutigam ablehnt, genügt, um dieses mit hoher Freiheitsstrafe bedrohte Verbrechen zu verwirklichen. Auch der extreme Islamismus verstößt gegen das Gesetz und muss mit allen zu Gebote stehenden Mitteln bekämpft werden, um unsere Gesellschaft nicht zu unterwandern. Hass und Terror verhindern naturgemäß jede Integration. Gesetzestreue allein kann für die Eingliederung in eine Gesellschaft westlicher Prägung jedoch nicht ausreichen. Vor allem fehlt meist die europäische Aufklärung. Damit sind zum Teil unannehmbare kulturelle Ansichten verbunden. Um diesen Personen das „aufgeklärte“Gedankengut näher zu bringen, bedarf es sicher großer Anstrengungen. Auch von Inländerseite ist ein Beitrag insbesondere in Bezug auf Bildung zu leisten. Dadurch wird die Gefahr einer Islamisierung geringer. Ein signifikantes Beispiel, dass für die Eingliederung nicht nur die Gesetze zu befolgen sind, ist die volle Verschleierung des Gesichtes einer Frau. Die Religionsfreiheit, die zwar die Religionsausübung gestattet, darf nicht so weit in Anspruch genommen werden, dass europäische Grundsätze des Zusammenlebens schwer missachtet werden. Wer am öffentlichen Leben teilnimmt – nicht nur in der Schule oder bei Gericht – muss sein Gesicht zeigen. nser Zusammenleben ist danach ausgerichtet, dass man bei jedem Kontakt weiß, „mit wem man es zu tun hat“. Wer sich hinter der Burka versteckt, ist zwar nach österreichischem Recht – zum Unterschied zu anderen EU-Ländern – nicht strafbar. Eine in der Öffentlichkeit vollverschleierte Person ist aber auch nicht integriert. Dies gilt ebenso für andere Probleme des Zusammenlebens. Europa darf sich nicht ein auf angeblich religiöse Wertvorstellungen zurückführendes Zusammenleben aufzwingen lassen.
Heimo Lambauer war Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Graz und ist Honorarprofessor an der Karl-Franzens-Universität