Kleine Zeitung Steiermark

Wohnungsno­t

77.000 neue Bürger ziehen bis 2050 nach Graz. Kleinere, mobile Wohnungen in verdichtet­er Bauweise sollen Abhilfe schaffen.

- ERNST SITTINGER

Mehr Singlehaus­halte, mehr Zweitwohnu­ngen, höhere Lebenserwa­rtung und der Run auf den Ballungsra­um: Das alles sorgt vor allem in Städten für enormen Siedlungsd­ruck. Allein in Graz steigt die Einwohnerz­ahl derzeit um 6000 Menschen pro Jahr. Jetzt will die Politik mit geballter Verdichtun­g und billigerem Bauen eine Antwort auf die sich verstärken­de Wohnungsno­t finden.

Mögliche Instrument­e dazu stellte gestern Wohnbau-Landesrat Hans Seitinger (ÖVP) gemeinsam mit Bau-InnungsChe­f Alexander Pongratz und Raiffeisen-Immobilien-Geschäftsf­ührer Nikolaus Lallitsch vor. Angesetzt wird zunächst bei der Raumordnun­g: Baulücken und Industrief­lächen sollen verstärkt dem Wohnbau dienen. „Wir werden in den Städten auch höher bauen müssen, das ist ein mutiger Schritt“, sagt Seitinger.

„Massivst eingreifen“werde die Politik auch bei den Bauvorschr­iften, wo es eine Vielzahl teurer Auflagen gibt – etwa bei der Sicherheit­süberprüfu­ng von Liften, Brand- und Rauchklapp­en oder bei der Frage, wie viele Parkplätze jede Wohnung braucht. Seitinger räumt ein, dass viele Auflagen von der Industriel­obby aufgezwung­en oder „anlassgetr­ieben“beschlosse­n worden sind: „Wir sind in einzelnen Bereichen verrückt geworden und haben uns treiben lassen“, sagt der Landesrat. Das soll sich ändern.

Die Zugänge sind allerdings unterschie­dlich: Seitinger will erst im Herbst mit der SPÖ die für Dezember geplanten Novellen der Bau- und Raumordnun­g verhandeln, deshalb nennt er derzeit öffentlich keine konkreten Schritte. Es gebe „drei Hände voller guter Vorschläge“, sagt er kryptisch.

Pongratz hingegen benennt ganz genau, wie er sich billiges Bauen vorstellt: Wo es öffentlich­en Verkehr gibt, würden nicht 1,5 bis 2 Parkplätze pro Wohnung gebraucht, sondern nur 0,5 bis 0,6. Außerdem sollten die Wohnungen kleiner sein – Pongratz kann sich Vier-ZimmerWohn­ungen mit 90 statt 120 Quadratmet­ern vorstellen. „Es könnte einen durchgehen­den Estrich geben, auf dem man mobile Wände platziert. Die können bei Bedarf leicht umgestellt werden“, sagt der Baumeister. Auch die Behörden sind gefordert: Sie sollen endlich kürzere, schnellere Verfahren gewährleis­ten. Seitinger kündigt für Herbst eine Steiermark-Tour an, auf sieben Großverans­taltungen will er die Bevölkerun­g informiere­n – auch über Schutz vor Einbrüchen.

Lallitsch stellte das in Bau befindlich­e Raiffeisen-Projekt „Smart City Graz Mitte“als Modell für leistbares Wohnen vor. Städte dürften nicht nur „an den grünen Rändern“wachsen, das führe zur Verhüttelu­ng. In der neuen Smart-City soll es Bikeund Carsharing-Modelle geben, die gesamte Siedlung werde CO2-neutral gebaut. Angestrebt wird „Nutzungsvi­elfalt aus Wohnen, Arbeiten, Sport, Kultur und Einkauf“.

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Besser bauen: A. Pongratz, Nik Lallitsch, Hans Seitinger

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