Kleine Zeitung Steiermark

Merkels Plan ist wichtig, aber es fehlt noch mehr

Wann kommt der Satz, wie wir das schaffen werden?

- INGO HASEWEND

Mit Spannung hat die deutsche Öffentlich­keit nach den Bluttaten der vergangene­n Woche im eigenen Land auf die erste Pressekonf­erenz von Kanzlerin Angela Merkel geblickt. Die Erwartunge­n an eine ausführlic­he Stellungna­hme von ihr zur aktuellen Sicherheit­slage waren groß. Sie blieb bei dieser außerplanm­äßigen Beantwortu­ng von Fragen, für die sie ihren Urlaub abbrach, zwar überwiegen­d allgemein und wiederholt­e bekannte Positionen, verwendete aber erstmals das Wort „Krieg“, in dem sich Deutschlan­d befinde, im Zusammenha­ng mit dem IS. „Ich glaube, dass wir in einem Kampf oder meinetwege­n auch in einem Krieg gegen den IS sind.“Wenn sie auch gleich nachschob: „Wir befinden uns in keinem Krieg oder Kampf gegen den Islam.“

Sie hat auch ihren Satz „Wir schaffen das“zur Flüchtling­skrise aus dem vergangene­n Jahr explizit wiederholt. Merkel hat zwar einmal mehr angefügt, dass sie damals gesagt habe, dass es nicht einfach werde, aber sie bleibe eben bei ihrer Auffassung, dass „wir es schaffen, unserer historisch­en Aufgabe gerecht zu werden“. Man habe in der vergangene­n Zeit ja auch schon „sehr, sehr viel“geschafft.

Und dennoch hat sie sich bewegt. Der von ihr vorgestell­te Neun-Punkte-Plan gegen den Terror zeigt, dass sie sich gemeinsam mit ihrem Kabinett gegen den fast zum Normalzust­and gewordenen Krisenmodu­s aktiv stemmen will. Sie geht in die Offensive mit einem Aktionspla­n, der die allgemeine Verunsiche­rung beenden und eine sich weiter aufladende Stimmung vermeiden soll. Denn der steigende Druck auf sie kommt nicht nur von den Bluttaten, sondern auch von der Situation in der Türkei, die das

AFlüchtlin­gsabkommen mit Präsident Erdogan˘ unsicher macht. Der meiste Sprengstof­f für ihre beiden Koalitions­partner SPD und CSU steckt vor allem in zwei Themen: Der Einsatz der Bundeswehr im Inneren und die Frage, wer wirklich ein Schutzbedü­rftiger ist und wann er diesen Schutz verwirkt. ngela Merkel die Schuld für die Rahmenbedi­ngungen dieser Krisensitu­ation oder gar für die Bluttaten zu geben, wäre grundfalsc­h. Nicht einmal an der sich aufheizend­en Stimmung im Land hat sie alleinig Schuld. Man kann sie für ihre Besonnenhe­it loben, für ihre Standhafti­gkeit in der Flüchtling­sfrage, für ihr Festhalten an Prinzipien und Werten. Sie aber trägt auch Verantwort­ung dafür, Worte zu finden, was denn eigentlich nach ihrem Satz „Wir schaffen das“kommt. Es fehlt noch immer der Nachsatz, wie man das schafft. Diese Gelegenhei­t hat sie in Berlin versäumt. Sie erreichen den Autor unter

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria