Ohne Kraft gegen die Schwerkraft
Wir machen uns fit für Olympia in Rio. Redakteure der testen die olympischen Sportarten. Heute: Geräteturnen mit Junioreneuropameister Vinzenz Höck. Der aufrechte Gang macht Sinn: Man merkt nicht, wie schwer die eigenen Beine sind – solange man sich nicht
Wie ein Senkblei zieht es meine Beine nach unten. Es müssen die Socken sein. Modisch waren sie zwar ein tiefer Griff ins Klo, dafür scheint die Schwerkraft eine besondere Vorliebe für den weißen Baumwollzwirn entwickelt zu haben. Jedenfalls biegt es die Schenkel wie an unsichtbare Gewichte gebunden in die Senkrechte – wo sie doch eigentlich in die Waagrechte gestreckt werden sollten.
„Ham ma’s dann?“fragt Vizenz Höck keck über die Schulter. Auf die beiden Holme des Barrens gestützt, lässt er seine Beine seit gefühlten fünf Minuten kerzengerade in der Luft schweben. Noch bevor bei ihm Anflüge von Anstrengung zu merken sind, muss ich aufgeben. Nichts wird es also aus meiner eleganten Beinwaage. Jetzt nicht (zusammengepresste Lippen). Im zweiten Versuch nicht (Schnappatmung). Und auch im fünften nicht (hochroter Schädel). Abgesehen von den weißen Bleisocken scheine ich mein spärliches Pulver schon an den Ringen verschossen zu haben.
Dort – auf überraschend hoch wirkenden zweieinhalb Metern über (Matten-)Grund – gelingen zwar ein paar halbgrazile Schwünge und Stützelemente – gegen das, was Höck wenig spä- ter da oben aufführt, bleibt es aber ein sackähnliches Herumgebaumel. Gut, auf den Ringen hat er Heimvorteil. Auf diesem Gerät wurde er vor zwei Jahren sensationell Junioreneuropameister, ist mehrfacher Staatsmeister und war WM-Teilnehmer: Aber wie er da physikalische Grundgesetze wie die Erdanziehungskraft scheinbar mühelos außer Kraft setzt, nötigt eine Extraportion Res-