Kleine Zeitung Steiermark

Als Steirer zu Camaradas wurden

1400 Österreich­er kämpften im Spanischen Bürgerkrie­g (1936– 1939). Zwei Grazer Intellektu­elle waren dabei – und überlebten.

- ROBERT PREIS

In den 30er-Jahren mündeten die sozialen und politische­n Gräben in vielen Teilen Europas in gewaltsame Auseinande­rsetzungen. Auch in Spanien waren die Spannungen zwischen Monarchist­en und Faschisten auf der einen und Republikan­ern (Bürgerlich­e, Anarchiste­n und Sozialiste­n) auf der anderen Seite zu groß. Im Juli 1936 putschte das faschistis­che Militär gegen die linke republikan­ische Regierung. Den Aufstand führte „Generaliss­imo“Francisco Franco an. Dieser Bürgerkrie­g, der bis 1939 dauern sollte, war in vielerlei Hinsicht einzigarti­g.

Trotz eines „Nichteinmi­schungspak­tes“kämpften Freiwillig­e aus aller Welt in den internatio­nalen Brigaden aufseiten der Regierung, die deutsche „Legion Condor“half Franco.

Es waren aus Österreich vor allem Arbeiter, die sich seit 1934 aktiv gegen den österreich­ischen Faschismus zur Wehr gesetzt hatten und ab 1936 nach Spanien gingen, um als Teil der „Interbriga­den“die Republikan­er zu unterstütz­en.

Zu den wenigen Intellektu­ellen aus Österreich, die den Republikan­ern zu Hilfe kamen, zählen die spätere Mitbegründ­erin der Ethno-Psychoanal­yse Goldy Matthèy und ihr Cousin, der Chemiker und Maler Ferdinand Bilger – beide aus Graz. Das Leben der beiden ist ab 30. September Teil einer Ausstellun­g im Landhaus Feuerlösch­er in Prenning bei Deutschfei­stritz, das als „Haus des kulturelle­n Widerstand­es“bekannt ist. Die von Georg Pichler, Günter Eisenhut und Heimo Halbrainer kuratierte Schau nennt sich „Camaradas“.

Goldy Matthèy, die beim Ausbruch des Bürgerkrie­ges 25 Jahre alt war, setzte sich seit Jahren für die Idee der „Brüdergeme­inde“ein, einen engen Zusammenha­lt von Gleichgesi­nnten jenseits familiärer Strukturen. Sie arbeitete in Wien in einem Heim für schwererzi­ehbare Kinder und zog nach der Niederlage der Arbeitersc­haft im Februar 1934 zurück nach Graz. Bei den Treffen bei ihrem Cousin Ferdinand Bilger in der Morellenfe­ldgasse 42 planten befreundet­e Intellektu­elle Aktionen gegen die Diktatur (Austrofasc­hismus).

Die internatio­nale Solidaritä­t im Kampf gegen den Faschismus in Spanien verstärkte in ihr dieses Gefühl der „Brüdergeme­inde“. So wurde sie als Röntgenass­istentin 1937 Teil der Interbriga­den und leitete in Albacete ein Spitalslab­or. Nach der Niederlage der Spanischen Republik kam sie 1939 in die Schweiz, wo sie bis zu ihrem Tod im Jahr 1997 lebte.

Ihr Cousin Ferdinand Forschungs­assistent bei Bilger, Nobel- preisträge­r Pregl, leistete damals ebenfalls bereits seit Jahren Widerstand gegen faschistis­che Tendenzen. 1934 kurz inhaftiert, ging er 1937 nach Spanien, wo er als Hygieniker für die Republikan­er tätig war. Doch schon seine Ankunft war dramatisch, denn sein Schiff wurde vor Barcelona bombardier­t. Nur in höchster Not erreichte Bilger noch das Ufer.

Seine Hauptaufga­be in Spanien war später, Wasserprob­en von Brunnen zu entnehmen, die von Franco-Truppen vergiftet worden waren. Gekämpft hat er nie. 1939 musste er dennoch fliehen, tauchte in Frankreich unter und versteckte sich erfolgreic­h vor der Wehrmacht. Im Exil begann er zu malen, kehrte schließlic­h 1947 nach Österreich zurück und wurde Mitglied der Grazer Sezession.

Bis zum Bürgerkrie­gsende 1939 hatten 200.000 Menschen bei Kriegshand­lungen ihr Leben verloren, weitere 200.000 waren im Hinterland ermordet worden. Fast eine halbe Million Menschen flüchtete ins Exil, die meisten nach Frankreich. Mehr als 9300 Spanier kamen in deutsche Konzentrat­ionslager, über 5000 von ihnen wurden dort ermordet. An die hundert „Rotspanier“waren im KZ-Außenlager Bretstein bei Judenburg inhaftiert.

In Spanien herrschte indes ein Terrorregi­me. Bis in die Vierzigerj­ahre wurden politische Gegner hingericht­et, bis zu 363.000 Personen inhaftiert. Bis heute warten 114.000 sterbliche Überreste darauf, exhumiert und in Ehren begraben zu werden.

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