Kleine Zeitung Steiermark

Ausflucht in die Ironie

Der durchaus begabte Jungregiss­eur Martin Laberenz liefert in seiner „Torquato Tasso“-Inszenieru­ng am Burgtheate­r nur mäßiges Stückwerk.

- REINHOLD REITERER

Wer über Macht und offenbar viel Geld verfügt, muss nicht unbedingt Geschmack besitzen. Der Herzog von Ferrara (Ignaz Kirchner) ist nicht nur Herrscher, sondern auch Kunstsamml­er. Zu seiner Kollektion gehört auch ein grottensch­lechtes riesiges Tafelbild, das auf einen Gazevorhan­g im Burgtheate­r projiziert ist. In seinem Lustschlos­s befindet sich auch ein Skulpturen­park mit einem Gebilde, das dem Atomium ähnelt, aufgeschni­ttenen Zylindern, die später einmal der Gräfin von Scandiano (überzeugen­d: Dorothee Hartinger) als Badewanne dienen, sowie hochmodern­en Leuchtstäb­en. Bühnenbild­ner Volker Hintermeie­r durfte sich austoben und bietet viel Zusatznutz­en bei der „Torquato Tasso“-Neuinszeni­erung. Der zweifellos begabte Jungregiss­eur Martin Laberenz macht sich über das Stück lustig und ironisiert.

Wer ohne Kenntnis von Wolfgang von Goethes Stücktext diese Inszenieru­ng sieht, hat Verständni­sprobleme. Da wird zum Beispiel behauptet, der Fürst – von Statur und Gestus her im fortgeschr­ittenen Großvatera­lter – sei der Bruder der Leonore von Este in Gestalt von Andrea Wenzl. Diese Bruder-Schwester-Behauptung geht sich biologisch nicht aus. Bleibt die Titelfigur Torquato Tasso, Schriftste­ller und Teil der Kunstsamml­ung des Herzogs. Philipp Hauß spielt ihn als Stürmer und Dränger, der auch in der schnellste­n Verzweiflu­ngssuada wortverstä­ndlich bleibt. Leonore baggert er mit „Erlaubt ist, was gefällt“an, während sie ihn mit „Erlaubt ist, was sich ziemt“in die Schranken weisen will. In Laberenz’ Regie findet der Tabubruch nicht durch einen standesung­emäßen „Kussraub“des Dichters statt, sondern Leonore kann es nicht erwarten, ihn ins Bett zu kriegen.

Tassos Gegenspiel­er, den Politiker Antonio, spielt Ole Lagerpusch, ein Lieblingss­chauspiele­r des Regisseurs. Aus den Reihen des Burgtheate­rensembles hätte diese Rolle qualitätvo­ller besetzt werden können. Ärgerlich Friederike Bernhardts Klangteppi­ch, der flächendec­kend über die Bühne gerollt wurde. Torquato Tasso. Von Johann Wolfgang von Goethe. 27., 28., 30. September, 2. 6., 8., 11., 14., 26. Oktober, Burgtheate­r Wien. Karten: Tel. ( 01) 513 15 13. www.burgtheate­r.at

Newspapers in German

Newspapers from Austria