Wohlstand – vermessen und gewichtet
Europas Statistiker suchen neue Wege, um mehr Fakten zu sammeln.
WIEN. Zumindest für Europas Statistiker sind wir Europäer keineswegs gläserne Menschen. Die Daten über die wahren Einkommenverhältnisse der Menschen sind sogar so lückenhaft, dass die Statistikämter intensiv daran arbeiten, ihre Bilder über Wohlstand und Armut ihrer Bürger deutlich zu verbessern. Sie tragen damit kritischen Forschern Rechnung, die seit Jahren ein immer stärkeres Auseinanderklaffen zwischen Arm und Reich kritisieren. Bei einer Tagung Europas führender Statistiker in Wien erklärte der Chef des europäischen Statistikamts Eurostat, Walter Radermacher, das Problem: „Wir messen bisher, was am einfachsten zu messen ist: Einkommen und Konsum.“Beides liegt durch Steueraufkommen offen. Viel weniger lassen sich Menschen in die Karten schauen, wenn es um ihren Vermögensbestand geht.
„Wir werden da auch in Zukunft kein Superinstrument haben“, so Radermacher. „Im Gegenteil. Es geht um das bessere Zusammensetzen eines Gesamtbildes aus vielen verschiedenen Quellen wie bei einem Superpuzzle.“Die Vermögensverteilung ist für politische Entscheidungen von enormer Bedeutung. Ob die Entwicklung seit einigen Jahren tatsächlich sehr ungerecht verläuft, wie etwa der populäre Wissenschaftler Thomas Piketty sagt, wollte Radermacher jedenfalls nicht einfach bestätigen. Klar sei das Bild lediglich im Süden Europas, wo die Armutsindikatoren seit der Finanzkrise stark gestiegen seien.