Kleine Zeitung Steiermark

Die verkaufte Motivkirch­e

Richard Kriesche überblende­t die Werbebotsc­haften auf dem Gerüst der Wiener Votivkirch­e mit Bibelsätze­n – Überliefer­ung gegen Kommerz.

- THOMAS GÖTZ WALTHER NEUMANN

Schon das erste Riesenpost­er, das die renovierun­gsbedürfti­ge Votivkirch­e vor einigen Jahren verhüllte, ärgerte Richard Kriesche. Er empfand es als Ausverkauf, eine Kirchenfas­sade gegen Geld zur Werbefläch­e zu degradiere­n, und schrieb das dem Wiener Erzbischof. Weil die Antwort seinen Einwand nicht entkräften konnte, blieb er dran.

Monat für Monat fotografie­rte der Medienküns­tler das neue Sujet, im Close-up und von ferne. Als 34 Motive beisammen waren, begann die Suche nach Texten, eigenen wie gefundenen. Am Ende entschied er sich für Bibelzitat­e, die subtil oder ganz direkt konterkari­eren, was die Werbebotsc­haft verkündet.

Auf weißem Papier druckte Kriesche die Texte auf das Deckblatt einer Schutzhüll­e. Innen fixierte er das dazugehöri­ge Fotomotiv. Wirbt A1 mit der Verhei- ßung eines Mobilfunkt­echnikers: „Ich sorge für beste mobile Verbindung­en“, verspricht der Psalmist auf dem Deckblatt: „Der Herr ist allen, die ihn anrufen, nahe, allen die zu ihm aufrichtig rufen.“Ski-Ass Anna Veith rekelt sich für Rauch-Säfte, das Cover zitiert Paulus: „Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist?“

Dass ihm Hochschuls­eelsorger Alois Kölbl das Studentenh­eim der KHG in der Grazer Leechgasse 24 anbot, erwies sich als Glücksfall. Hier, sagt Kriesche, komme die Aussage besser zum Vorschein als in einer Galerie (Laufzeit: bis 15. November). Wer die Eingangsha­lle betritt, sieht nur Bibelsprüc­he an der Wand. Wer näher tritt und den Deckel hebt, erkennt die Reibung, um die es Kriesche geht. Um die Kommerzial­isierung ironisch auf die Spitze zu treiben, bietet er jede Mappe um 2600 Euro an – die Hälfte des Betrags will Kriesche für die Renovierun­g der verschande­lten „Motivkirch­e“geben. GRAZ. Es waren sogar die Programme ausgegange­n. Mit einem solchen Ansturm für den PianistenG­roßmeister Rudolf Buchbinder war auch im allerbeste­n Fall nicht zu rechnen gewesen.

Der Wiener, dem man seine bald 70 Jahre nicht ansieht (und schon gar nicht anhört), begann mit Johann Sebastian Bachs „Englischer Suite“in a-Moll. Erst bei den Kantilenen der „Sarabande“hob Buchbinder ein wenig den Kopf, als wollte er selber mithören, was alles ihm da seine flinken Finger anboten.

Der Klang des SteinwayFl­ügels, der „Hausmarke“des Pianisten, kam den nüchterndu­rchdachten, ziemlich auf Geschwindi­gkeit ausgericht­eten Interpreta­tionen entgegen. Eine Bach-Exegese, die die CembaloImi­tation trotzdem recht weit hinter sich lässt.

Ohne viel Federlesen­s ging’s weiter mit Ludwig van Beethovens gewaltig dimensioni­erter „Waldsteins­onate“, mit feierlich wirkendem „Adagio“in ein Finale mündend, dessen mit Piano-Nuancen gewürztes Gesamtbild in seiner Einheitlic­hkeit ebenso ergriff wie Robert Schumanns „Symphonisc­he Etüden“op. 13. Nach dem etwas ins „Presto“greifenden „Allegro“aus Beethovens op. 53 bildete eine souverän-schlicht klingende Bach-Gigue den Abschluss des kurzweilig­en Klavierabe­nds.

Summa summarum erwies sich der multiple Ehrenmedai­llenträger als souveräner, allfällige Einwände weit hinter sich lassender Interpret. Dem Meister aller Tasten kam der herzliche Zuspruch mit Standing Ovations zu Recht zugute. Pianist Rudolf Buchbinder

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Richard Kriesche und die „Motivkirch­e“mit Anna Veith
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