Kleine Zeitung Steiermark

Wohldosier­te Verortung im Nirgendwo

Tamara Semzov arbeitet sich an der „Heimat“ab.

- DANIEL HADLER

GRAZ. Ist man erst assimilier­t, greifen die eigenen Wurzeln ins Bodenlose. In ihrer Soloperfor­mance „Malenkaya Strana“arbeitet sich die in der Ukraine geborene und ab dem achten Lebensjahr in Deutschlan­d aufgewachs­ene Tamara Semzov an ihrer eigenen Biografie ab. Von traurigen und komischen Augenblick­en ist da die Rede, von wenigen Freunden und der Familie, vor allem der Familie.

Kurz ist da der Weg vom Puzzlespie­l der Erinnerung­en zum gegenwärti­gen Bewusstsei­n. Russische Lieder und Wodka dienen dem Besinnen, werden in Semzovs Diplomarbe­it aber nie zum Stichwortg­eber platter Nostalgie. Zwischendu­rch dreht die talentiert­e Schauspiel­haus-Akteurin den Spieß kurzweg um, setzt auf sanfte Konfrontat­ion und drängt das Publikum in die Defensive.

Ihre stärksten Momente hat die Performanc­e, wenn die ganze Fragilität der gängigen Begrifflic­hkeiten mit Wucht zutage tritt. Wenn sich in der „Identität“jene Brüche auftun, die keine „Heimat“zulassen. Wenn Semzov in riesigen Taschen versinkt und sich in einfach strukturie­rten Szenen die ganze Komplexitä­t der individuel­len „Verortung“zeigt. Mit einem guten Gespür für Humor, aber leider etwas brav; mit großer Leidenscha­ft, aber ohne Hang zur Fatalität begeistert Semzov das Publikum. Malenkaya Strana (Kleines Land). 5., 17., 28. Oktober, 19., 26. November, 20.30 Uhr, Haus Drei, Schauspiel­haus Graz. Karten: Tel. ( 0316) 8000. www.schauspiel­haus-graz.com

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Bravouröse­r Soloabend von Tamara Semzov im Haus Drei

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