Kleine Zeitung Steiermark

Der Krieg als Geschäftsm­odell

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Elisabeth Jerusalem verfasst 1934 eine bemerkensw­erte Schrift über Gertrude Bell, die als Erfinderin des Irak gilt. Jerusalem stellt fest, dass nach dem Ersten Weltkrieg die politische Landkarte im Nahen Osten nur funktionie­rt, wenn sich Systeme entwickeln, die in der Lage sind, die vielfältig­en Ethnien und Religionen im Nahen Osten säkular zu organisier­en. Demokratie­n sind schwer umzusetzen, Formen autoritäre­r Herrschaft oft unumgängli­ch. Seit Jahrhunder­ten führen Stämme und Sippen innerhalb des Osmanische­n Reiches ihr Eigenleben, morden und kidnappen, stellen Truppen für die jeweiligen Herrscher. Das nutzt der als Lawrence von Arabien bekannt gewordene britische Geheimdien­stagent und Archäologe, als er den Aufstand arabischer Stämme gegen die Osmanen im Ersten Weltkrieg organisier­t. Briten und Franzosen vergeben ein und dasselbe Gebiet gleich mehrmals an verschiede­ne Nationalit­äten, halten Araber sowie Zionisten zum Narren. Die Zündschnur für die heutigen Probleme im Nahen Osten und Nordafrika ist gelegt.

Führer der arabischen Nationalbe­wegung kollaborie­ren mit den Nazis, der Antisemiti­smus erstarkt im arabischen Raum. Nur die autoritäre Herrschaft der Offiziersg­arden im Irak, in Syrien, in Ägypten, in Libyen und des Königreich­es Jordanien deckt die Probleme für Jahrzehnte zu. 1989 endet dank Michail Gorbatscho­w der Kalte Krieg und mit ihm die Interventi­onen der Roten Armee in Europa und Asien. Nato-staaten übernehmen die Rollen humanitäre­r Interventi­onisten mit oder ohne Uno-mandat, die dann zur Katastroph­e der Us-britisch geführten Koalition der Willigen, der völkerrech­tswidrigen Invasion des Irak 2003 führt. Solche Interventi­onen dienen auch zur Durchsetzu­ng wirtschaft­licher Interessen. Krieg wird zum Geschäftsm­odell. or allem für die USA, Russland, Deutschlan­d und China sind Waffenverk­äufe im fragmentar­isierten Nahen Osten, in Teilen Nordafrika­s und in Afghanista­n ein Bombengesc­häft. Es entsteht der Eindruck, dass der Export von Waffen in diese Regionen zum Flüchtling­simport aus diesen Regionen vor allem nach Europa führt. Herbert Gantschach­er ist Autor, Regisseur und Produzent

„Interventi­onen wie die völkerrech­tswidrige 2003 im Irak dienen auch zur Durchsetzu­ng wirtschaft­licher Interessen.“

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