Liebesgrüße nach Moskau
Trump segnet mit seinem Werben um Putin die Verletzung der Souveränität der USA ab. Naivität gegenüber russischen Eingriffen in den Wahlkampf ist fehl am Platz – auch in Europa.
Dass sich Donald Trump einen Freund wünscht, ist ja verständlich. Erstaunlich nur, was er dafür alles bereit ist zu opfern. Alle wichtigen Us-sicherheitsdienste haben zu den Cyberattacken im Wahlkampf ermittelt und sind zu dem Schluss gekommen, dass Russlands Präsident Wladimir Putin „mit großer Sicherheit“persönlich Hackerangriffe angeordnet hat, um Hillary Clinton zu diskreditieren und die Wahlchancen Donald Trumps zu erhöhen. Eine grobe Verletzung der nationalen Souveränität der USA, die Putin umgekehrt niemals ungesühnt ließe. Doch was macht Trump? Anstatt sein Land und die Unantastbarkeit demokratischer Wahlgänge zu verteidigen, sendet er Liebesgrüße nach Moskau. Er selbst wird den Makel, mit unlauteren Mitteln Präsident geworden zu sein, wohl nicht mehr loswerden.
Selbstverständlich wäre es wünschenswert, die USA und Russland würden wieder zu einem konstruktiven Verhältnis finden. Doch Naivität ist eine schlechte Basis. Trump muss sich die Frage gefallen lassen, was hinter seinem Werben um Moskau steht. Sieht er einfach seinen Plan dahinschwinden, als großer Versöhner des Ostwest-konflikts in die Annalen der Geschichte einzugehen? Treiben den Immobilienmilliardär doch geschäftliche Interessen in Russland an? Sein Traum von der Männerfreundschaft mit Putin jedenfalls könnte sich schneller zerschlagen, als Trump twittern kann. Zu groß sind die Interessenkonflikte beider Länder, zu groß sind auch die Egos der beiden Präsidenten, als dass sie die zu erwartenden Reibungen lange überstehen werden.
Auch aus europäischer Sicht wäre Naivität verfehlt. Erst kürzlich hat der deutsche Verfassungsschutz einen russischen Hackerangriff auf die OSZE aufgedeckt, der derzeit bekanntlich Österreich vorsitzt. Und die deutschen Behörden orten Hinweise, russische Stellen könnten sich auch in den deutschen Bundestagswahlkampf einmischen – mit dem Ziel, Angela Merkel zu schwächen, die etwa in der Ukrainekrise russische Aggression offen anspricht und der russischen Armee in Aleppo Kriegsverbrechen vorwarf. Verdrehte Fakten aus Datenlecks, Gerüchte wie, beispielsweise, man habe in Moskau kompromittierendes Material über Merkels Ddr-vergangenheit gefunden, lassen sich leicht streuen. Moskau macht keinen Hehl daraus, dass die Beeinflussung der öffentlichen Meinung in Europa betrieben wird. Technisch, gesetzlich und über Bildungsmaßnahmen werden sich Staaten jetzt und in Zukunft vor den Waffen der digitalen Kriegsführung schützen müssen. lar ist: Auch westliche Regierungen verstehen sich auf Cybermanipulationen. Doch Demokratien, denen Meinungspluralität zugrunde liegt, sind ungleich verwundbarer als autoritäre Systeme. In Putins Russland ist die Staatspropaganda längst stark genug, als dass einige kritische Berichte auf Online-plattformen die Vormacht des Kremlchefs gefährden könnten.