Zwitschern im Weißen Haus
Donald Trump kommuniziert am liebsten über Kurzbotschaften auf Twitter. Regieren in 140 Zeichen – kann das gut gehen?
Die Macht des Handys: Während sich hierzulande viele darüber ärgern, dass ihre Kids den ganzen Tag mit dem Kopf über dem Smartphone verbringen, zeigt Donald Trump gerade, was er mit so einem modernen Telefon in der Hand alles anstellen kann. Schon im Wahlkampf hat der 70-Jährige seine Gegner mit Kurzbotschaften über Twitter (englisch für Gezwitscher) vor sich hergetrieben. Und jetzt, noch gar nicht im Amt, macht er weiter wie zuvor. Beinahe im Stundentakt, vor allem in den Morgenstunden, setzt der künftige Präsident der USA Dreizeiler in die Welt.
Und Trump ist in seinen Themen nicht wählerisch. Im Dezember stellte er die bisherige Sicherheitspolitik der Supermacht infrage, als er verkündete, die USA müssten „ihre nuklearen Fähigkeiten erheblich verstärken“– ohne weitere Erklärungen. 140 Zeichen, genau so lang – beziehungsweise kurz – dürfen Botschaften auf der Social-media-plattform maximal sein. Da geht sich eben nicht mehr aus. Auf Twitter verzieh Trump Russland in wenigen Worten mögliche Hackerangriffe auf die USA. Er attackier- te Us-autobauer wie Toyota, die eine neue Fabrik in Mexiko bauen wollten, und drohte, sie mit Strafzöllen zu belegen, sollten sie ihre Fabriken nicht in den USA bauen. Toyota reagierte auf den Tweet und kündigte Milliardeninvestitionen in den USA an – an den Mexiko-plänen hält man einstweilen fest. Seine Parteifreunde im Kongress, die eine Ethikkommission abschaffen wollten, brachte Trump per Kurznachricht zu einem Rückzieher. Zuletzt bekam Meryl Streep ihr Fett ab, die er als „meistüberschätzte Schauspielerin“beschimpfte, nachdem sie ihn bei der Golden-globesverleihung kritisiert hatte. Rund 19 Millionen Anhänger hat Trump auf Twitter, die seine Beiträge verfolgen, dazu 17 Millionen „Likes“auf Facebook: Sein direkter Draht zum Volk, dem er über die sozialen Medien seine Weltsicht unmittelbar aufs Handy schickt. Man mag das Match mit Schauspielern für einen künftigen Präsidenten noch unterhaltsam finden, Sicherheitsexperten wird indessen angst und bange. David Gergen etwa, der unter den Us-präsidenten Nixon, Ford, Reagan und Clinton im Weißen Haus arbeitete, kritisiert Trumps unbekümmerten Umgang mit dem Thema Nuklearwaffen: „Wenn man Twitter und Atomwaffen mischt, hat man ein Hexengebräu. Man sollte mit einem der komplexesten, gefährlichsten und sensibelsten Themen, mit dem ein Us-präsident zu tun hat – und das sind Atomsprengköpfe, die die Welt zerstören können –, präzise und nachdenklich umgehen“, forderte Gergen.
Dass er auch im Weißen Haus über Kurzbotschaften kommunizieren will, das hat Trump bereits in Aussicht gestellt. Der Präsident als Zwitscherer der Nation – kann das gut gehen? „Um Amerika wieder groß zu machen, braucht es mehr als 140 Zeichen“, kritisiert der demokratische Senator Chuck Shumer. Die Herausforderungen, vor denen die USA stehen, seien zu groß, um sie mit Kurzbotschaften abzuhandeln. Trump-fans sehen das naturgemäß anders. Charles Krauthammer etwa, Kolumnist bei Fox News, verteidigt das Gezwitscher: Trump habe damit bereits vor seiner Amtseinführung etwa bei den Autobauern viel erreicht. Doch selbst er kann ein paar Zweifel nicht verhehlen: Die Menschen könnten versucht sein, aus Trumps Worten eine Strategie abzuleiten und zu falschen Schlüssen gelangen: „Es ist schwer, auf Twitter detailliert und spezifisch genug zu sein, um eine zusammenhängende Strategie zu beschreiben“, so Krauthammer.
Für Trump hat Twitter neben dem Spaß, den ihm das Ganze zu bereiten scheint, noch andere Vorteile: Auf Twitter kann keiner rückfragen. Bei einer herkömmlichen Pressekonferenz stellen Journalisten Fragen, um das Gesagte kritisch abzuklopfen und den Mächtigen auf die Finger zu schauen. Trump spricht den Medien pauschal die Glaubwürdigkeit ab und behauptet, was er behaupten will – er kann sich auf Twitter der Realitätsüberprüfung entziehen. Interessenskonflikte des Milliardärs, die Frage, ob Trump als Präsident möglicher-