Kleine Zeitung Steiermark

Kopftuchve­rbot im öffentlich­en Dienst?

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Schon wieder bekommt Österreich eine Kopftuchde­batte. Muslimisch­e Frauen sollen gezwungen werden, ihr Kopftuch vor allem an Schulen abzulegen. Dabei handelt es sich um eine alte Fpö-forderung, die zuletzt von Norbert Hofer erhoben wurde, nunmehr aber auch vom Leiter des Integratio­nsbeirates Heinz Faßmann und Integratio­nsminister Kurz. Begründet wird dies mit dem Neutralitä­tsgrundsat­z des Staates gegenüber Religionen. Ein Blick auf unser internatio­nales Umfeld könnte hier hilfreich sein. Der Europäisch­e Gerichtsho­f für Menschenre­chte räumt den Ländern einen breiten Ermessenss­pielraum ein. So hat er 2008 ein Kopftuchve­rbot an Universitä­ten in der Türkei und 2015 ein Kopftuchve­rbot im Gesundheit­sdienst Frankreich­s angesichts der säkularen Ausrichtun­g dieser Länder für zulässig erachtet. In Frankreich ist der Säkularism­us ein Verfassung­sprinzip. Anders in Deutschlan­d, wo das deutsche Bundesverf­assungsger­icht gerade eine Entscheidu­ng von 2015 mit einer weiteren bestätigt hat, wonach ein pauschales Kopftuchve­rbot für Lehrerinne­n nicht zulässig ist, obwohl mehrere Bundesländ­er es eingeführt haben. Das islamische Kopftuch spiegelt den Alltag in Deutschlan­d wider, befanden die Verfassung­srichter. an sollte Vorschläge auch immer zu Ende denken. Österreich ist kein säkularer Staat wie Frankreich, bei uns hängen Kreuze in Klassenzim­mern. Und für die Integratio­n erscheinen Verbote wenig geeignet. Das könnte leicht zur Bildung von Parallelge­sellschaft­en führen. In den vom Staat finanziert­en katholisch­en Privatschu­len tragen Schwestern ja auch eine Kopfbedeck­ung. Entscheide­nd ist die Selbstbest­immung der Frau. Wenn sie ihr Menschenre­cht auf Religionsf­reiheit mit einem Kopftuch zum Ausdruck bringen will, sollte das im Sinne der Toleranz erlaubt sein. Und Schülerinn­en kann es nicht schaden, wenn sie den Alltag auch in der Schule erleben. Alternativ müsste ein Säkularism­us nach französisc­hem Muster eingeführt werden, um religiöse Diskrimini­erungen zu vermeiden. Damit wären religiöse Traditione­n in Österreich infrage gestellt. Diese in Richtung Diversität zu erweitern, erscheint allemal besser zu sein. Wolfgang Benedek leitete das Institut für Völkerrech­t

„Man sollte Vorschläge auch immer zu Ende denken. Österreich ist kein säkularer Staat wie Frankreich.“

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