Ein Ort sucht seinen neuen Eremiten
Für 350 Jahre alte Einsiedelei wird neuer Bewohner gesucht. Beten und mit Pilgern reden steht im Anforderungsprofil.
Ohne Strom und ohne fließendes Wasser. Aber mit viel Zeit zum Gebet und zur inneren Einkehr.“Wer das ansprechend findet, könnte sich hier wohlfühlen: Die Stadtgemeinde Saalfelden im Pinzgau ist auf der Suche nach einem Bewohner für die mehr als 350 Jahre alte Einsiedelei. Die in den Fels gebaute Klause am Palfen ist seit Herbst 2016 nicht mehr bewohnt. Eine klassische Stellenbeschreibung wurde zwar nicht verfasst, dennoch gibt es Voraussetzungen: Der Einsiedler sollte eine Verbindung zum christlichen Glauben haben und für die Pilger da sein.
„Wir suchen einen in sich ruhenden Menschen, der bereit ist zum Gespräch. Er soll sich nicht aufdrängen“, erläuterte Dechant Alois Moser, der gemeinsam mit Saalfeldens Bürgermeister Erich Rohrmoser einen neuen Einsiedler auswählen wird, welche persönlichen Eigenschaften der neue Eremit mitbringen sollte. Ausbildung und berufliche Erfahrungen seien zweitrangig. Den Bewerbern müsse klar sein, dass sehr viele Einheimische und Gäste auf die Einsiedelei kommen – um die Aussicht zu genießen, zu beten und darüber zu reden, was sie bewegt und bedrückt. Die natürliche Felshöhle oberhalb von Schloss Lichtenberg wurde im 17. Jahrhundert zu einer Kapelle ausgebaut. Als Unterkunft errichtete der damalige Einsiedler Thomas Pichler eine Klause im Fels. Auch heute leben die Einsiedler in dieser Klause noch bewusst karg und einfach. Wer nicht ohne Fernsehen, Computer und Zentralheizung auskommt, für den sei die Klause am Fuße des Steinernen Meeres nicht geeignet.
Die Einsiedelei in Saalfelden feierte im September 2014 ihr 350-jähriges Bestehen. Sie ist eine der wenigen in Mitteleuropa, die noch von Eremiten bewohnt wird. Seit dem 16. Jahrhundert wird hier das Bildnis Heimat des Einsiedlers: die einsame Naturidylle am Palfen des heiligen Georgs, des Schutzpatrons der Tiere, verehrt. Vergangenen Herbst ist der Wiener Pfarrer und Psychotherapeut Thomas Fieglmüller nach einem Jahr als Einsiedler wieder in sein bürgerliches Leben zurückgekehrt. Zuvor wurde die Klause zwölf Jahre lang vom Benediktinermönch Raimund von der Thannen bewohnt.
Die „Saison“für den Einsiedler dauert von April bis November, im Winter ist die Klause unbewohnt. Der neue Einsiedler soll im April bei der traditionellen Georgifeier sein Amt antreten. Bewerbungen (per Post!) sind noch bis 15. März möglich. Den Denkzettel zum Bericht finden Sie auf Seite 13.