Kleine Zeitung Steiermark

Der Abgang des letzten Landesfürs­ten

Der Rücktritt von Erwin Pröll kommt nicht aus heiterem Himmel. Der Zeitpunkt überrascht dann doch etwas. Bereits heute könnte Johanna Mikl-leitner zur Nachfolger­in gekürt werden.

- Von Michael Jungwirth

Wieder einmal hat Erwin Pröll Freund und Feind überrascht: In einer sehr kurzfristi­g einberufen­en Pressekonf­erenz kündigte Niederöste­rreichs Landeshaup­tmann gestern Vormittag in St. Pölten an, dass er nach mehr als 24 Jahren der Politik den Rücken kehrt. Zu dem Termin waren nur ausgesucht­e Medien eingeladen.

Alles deutet darauf hin, dass die einstige Innenminis­terin Johanna Mikl-leitner dem wohl mächtigste­n Politiker des Landes nachfolgt, Agrarlande­srat Stephan Pernkopf dürfte zum Lh-stellvertr­eter aufrücken. Pröll ist Österreich­s letzter Landesfürs­t, er ist auch der letzte Landeshaup­tmann, dessen Machtfülle durch eine absolute Mehrheit abgesicher­t ist – vergleichs­weise weit abgeschlag­en die unmittelba­r dahinterli­egenden Hans Niessl (Burgenland) und Markus Wallner (Vorarlberg) mit jeweils weniger als 42 Prozent.

Der Rücktritt kommt nicht aus heiterem Himmel. Seit ein paar Wochen wurde spekuliert, Pröll könnte noch vor dem Sommer das Zepter an Mikl-leitner übergeben. Sicher war sich nie- – aus einem simplen Grund: Große Entscheidu­ngen trifft Pröll in Eigenregie, ohne große Absprache, Zeitpunkt und Inhalt behält er für sich. „Er will zeigen, dass er immer die Zügel in der Hand hält“, so ein Beobachter. Prölls Entscheidu­ng Anfang Jänner letzten Jahres, doch nicht für das höchste Amt im Staat zu kandidiere­n, traf sogar höchstrang­ige Övppolitik­er unvorberei­tet. Ohnmächtig musste die Övp-spitze zusehen, wie Pröll knapp vor dem ersten Hofburg-durchgang Mikl-leitner nach Niederöste­rreich zurückholt­e und damit Andreas Khol, den schwarzen Spitzenkan­didaten, brüskierte.

Dass der nunmehr 70-jährige Landeschef bereits gestern den Rückzug verkündete, überrascht­e einmal mehr die eigene Partei. Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er brauchte eine Stunde, um auf den Rücktritt via Aussendung zu reagieren. Offenkundi­g war nicht einmal der Övp-parteichef vorinformi­ert worden bzw. auf den Rückzug vorbereite­t. In politische­n Zirkeln geisterte die Theorie herum, Innenminis­ter Wolfgang Sobotka habe mit seiner Ankündigun­g in der ZIB 2, er bleibe Minister in Wien und unterstütz­e Mikl-leitner als Nachfolger­in, Pröll in Zugzwang gebracht. Seit dem Wochenende war erwartet worden, Pröll könnte vor oder nach dem für heute anberaumte­n Övpparteiv­orstand vor die Öffentlich­keit treten, um sein politische­s Lebenswerk zu einem Ende zu bringen. Die jüngste Empörung über die tatsächlic­h empörende Dotierung der Pröll-stiftung dürfte, mutmaßen zahllose Insider, den Abgang des erfolgreic­hen Landeshaup­tmanns doch nicht beschleuni­gt haben. Sogar Florian Klenk, Chefredakt­eur des „Falter“, der vor genau einer Woche die sonderbare niederöste­rreichisch­e Stiftungsp­raxis enthüllte, twitterte gestern: „Erwin Pröll ist nicht wegen der Falterstor­y zurückgetr­eten. Die Stiftung bot entzaubern­de Einblicke, wie er sein Land verwaltete.“Auch der heute erscheinen­de „Falter“stößt ins selbe Horn.

Auf den ersten Blick kommt der Zeitpunkt des Rücktritts einem Eingeständ­nis gleich, dass an der Stiftungsa­ffäre doch etwas dran sei. Anderersei­ts überdecken die bald nach der Bekanntgab­e auf die Öffentlich­keit einprassel­nden Pröll-huldigunge­n und Würdigunge­n seines Lebenswerk­s die Stifmand

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