Wirkungsvoll ab dem ersten Tag
Donald Trump könnte sofort Federstriche für die Öffentlichkeit machen. Es geht um die schnelle Botschaft.
So viel Nervosität herrschte seit Jahrzehnten nicht mehr vor der Amtseinführung eines Us-präsidenten. Bislang kannten die Amerikaner Donald Trump vor allem als Reality-tv-star, als Immobilientycoon und als Twitter-könig, der sich mit Kurzbotschaften an sein Volk wendet. Was das allerdings über seine Regierungsarbeit aussagt, darüber rätseln Anhänger wie Gegner des New Yorkers auch kurz vor dessen Einzug ins Weißen Haus. Bislang ist die Unberechenbarkeit einzig feste Größe.
Barack Obamas designierter Nachfolger beginnt sein neues Leben in Washington in jedem Fall als unbeliebtester Präsident seit 40 Jahren. Zehntausende von Demonstranten werden heute allein in Washington erwartet, um ihren Unmut auf der Straße auszudrücken. Im ganzen Land sollen Hunderte von Kundgebungen stattfinden. Trump gibt sich einstweilen selbstbewusst und versendet einen Tweet nach dem anderen. Tenor: Er habe keinen Zweifel daran, dass es ihm gelingen werde, Amerika wieder zum großartigen Land zu machen.
Zwar hat sich die Welt inzwischen an Trumps provozierende Botschaften gewöhnt. Doch ist es noch nicht gelungen, zu entschlüsseln, ob und wann sich dahinter ernsthafte Vorschläge, persönliche Urteile oder einfach nur Launen verbergen. Weil Trump angekündigt hat, das Twittern nicht aufgeben zu wollen, deutet sich ein ungewöhnlicher Regierungsstil des 45. Us-präsidenten an.
Trump giert nach Öffentlichkeit, verabscheut aber zugleich Journalisten. So benutzt er Twitter als Plattform. Dort hat er mit mehr als 20 Millionen Nutzern eine gewaltige Anhängerschaft. Das zwingt inzwischen selbst traditionelle Medien, jeden Tweet unverzüglich zu verbreiten und so die Öffentlichkeit in den Zustand permanenter Aufregung zu versetzen. Trump versteht es, alle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, wenn er es wünscht. Zugleich weiß er abzulenken. Als er vor einer Woche seine erste Pressekonferenz seit einem halben Jahr gab, fanden gleichzeitig Anhörungen von mehreren designierten Ministern statt. Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit aber war vollständig auf Trumps Auftritt gerichtet.
Als ihn die Schauspielerin Meryl Streep öffentlich während einer Filmpreisverleihung attackierte, schoss Trump nur Minuten später über Twitter zurück. Schnell war in den USA nur noch von diesem Streit die Rede, nicht mehr von Politik. Im Wahlkampf machte es Trump ähnlich. Vorwürfe, der damalige Präsidentschaftskandidat der Republikaner habe sich frauenfeindlich geäußert, konterte er regelmäßig mit dem Hinweis, der Ehemann seiner demokratischen Konkurrentin Hillary Clinton habe Schlimmeres auf dem Kerbholz.
Wissenschaftler wie Brendan Nyhan vom Dartmouth College sind der Ansicht, dass hinter diesem Vorgehen Methode steckt. Trump betreibe in gewisser Weise eine permanente Realityshow, um potenzielle Probleme gar nicht erst aufkommen zu lassen. Wie schon im Wahlkampf versuche er auch heute, den Fokus der Öffentlichkeit von einer Geschichte zur nächsten zu verschieben. So bleibe nicht genügend Aufmerksamkeit übrig, um einem Sachverhalt wirklich auf den Grund zu gehen.
Trumps überraschende Twitter-attacken haben durchaus Wirkung gezeigt. Rüstungskonzerne wollen billigere Kampfflugzeuge bauen, nachdem ihnen Trump indirekt vorgeworfen hat, Gewinne auf Kosten der Steuerzahler machen zu wollen. Autohersteller wie GM und Ford haben Pläne verworfen, Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern, oder kündigen die Schaffung neuer Arbeitsplätze im Inland an. Trump, so lässt sich auf Twitter nachlesen, feiert jede einzelne dieser Ankündigungen als Beleg seiner Brillanz. Schon vor 40 Jahren sagte der Us-architekt Der Scutt ehrfurchtsvoll über den damals noch jungen Bauunternehmer: „Dieser Donald, der könnte den Arabern Sand verkaufen.“ Der Devotionalienverkauf vor der
Außenpolitisch sorgt Trump jedoch für erhebliche Verwirrung. Ein Beispiel dafür gab er im Interview mit der „Bild“und der „Times“. Darin erklärte er die Nato für obsolet, nur um wenige Sätze später zu sagen, das westliche Militärbündnis sei ihm wichtig. Den Partnern stellt sich die Frage, welche Aussage nun tatsächlich gilt und wie es zu bewerten ist, dass ausgerechnet der designierte Verteidigungsminister James Mattis die Nato für notwendig hält. Eine Frage, auf die es keine Antwort gibt. Auch die künftige Russland-politik bleibt – trotz oder gerade wegen des Streits um Hackerangriffe zugunsten von Trump – im Dunkeln.
Trump will nun immerhin drei Monate nach Amtsübernahme einen neuen Plan zur