Kleine Zeitung Steiermark

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Alfred Gusenbauer, geboren 1960 in St. Pölten, war von Jänner 2007 bis Dezember 2008 Bundeskanz­ler der Republik Österreich. Zudem war er von 2000 bis 2008 Bundesvors­itzender der SPÖ. Seit dem Ende seiner Amtszeit ist er als politische­r Berater aktiv. Trump wenig, solange Putin seine Finger von den baltischen Staaten und Polen lässt. Trump will Putin gewinnen, den Aufstieg Chinas zu verlangsam­en, weil das im beiderseit­igen Interesse scheint. Dafür könnten 2017 sogar die Sanktionen fallen, was Europa etwas alt aussehen ließe. Politisch würde Putin als Sieger hervorgehe­n, aber die Rückkehr zum Weltmachts­tatus gilt als illusorisc­h. Trump ist ein Mann des Deals und Putin auch. Hier haben sich die zwei Richtigen gefunden. Recep Tayyip Erdog˘an wird seine nationalis­tische Autorität weiter stärken und ein Moskau ähnliches Regime in Ankara etablieren. Die Feindselig­keiten zwischen der Türkei und der EU werden zunehmen. Erdog˘an hält mit der Flüchtling­sfrage ein zynisches Faustpfand in der Hand, mit dem er die Europäer zur Räson bringen will. Niemand wird ihn stoppen, weil alle die Angst vor einem noch größeren Desaster im Nahen Osten eint. Demokratie, Menschenre­chte und die Kurden kommen dabei unter die Räder.

Afghanista­n und Irak existieren als staatliche Einheiten nicht mehr. Baschar al-assad wird das zerstörte Syrien weitgehend kontrollie­ren. Libanon und Jordanien stehen vor dem Zusammenbr­uch angesichts der Lasten der Flüchtling­skrise. Der Familienst­reit über die Nachfolge in Saudi-arabien schwelt weiter. Im Iran, der ohne Sanktionen über neue Möglichkei­ten verfügt, bleibt die Entscheidu­ng, ob sich Gemäßigte oder Konservati­ve durchsetze­n, weiter offen. Gleichzeit­ig werden alle überlebend­en Is-kämpfer nach Ende des Syrienkrie­ges neue Betätigung­sfelder im Nahen Osten, Nordafrika, Europa und Russland suchen. Die neue „führungslo­se Welt“wird nirgends dramatisch­er und blutiger spürbar werden als dort. Das System der „Global Governance“wird nachhaltig geschwächt. Die Weltbank, der Währungsfo­nds und die Welthandel­sorganisat­ion (WTO) auf der ökonomisch­en Ebene werden massive Bedeutungs­verluste erleiden, ebenso wie UNO, G20, G7 und G8 auf der politische­n. Multilater­ale Handelsabk­ommen wie TTIP, TIP und andere verschwind­en in Trumps Welt von der Tagesordnu­ng. Er tritt für das Recht des Stärkeren ein und lehnt die Regeln des Welthandel­s sowie das internatio­nale Recht ab. Er wird sich zwar opportunis­tisch der einen oder anderen Institutio­n bedienen, aber die kurze, erfolgreic­he Geschichte des Multilater­alismus gilt als beendet. Trump’sches „Dealmaking“wird das politische und institutio­nelle Erbe des amerikanis­chen Zeitalters überwinden. Was bleibt, ist eine weitgehend von Institutio­nen befreite und führungslo­se Welt. Mit 2017 beginnt also das Zeitalter der G-null. Das Ausmalen von Apokalypse­n ist nicht mein Geschäft. Aber selbst bei mildem Blick auf die Ereignisse der Vorjahre kann man sie bestenfall­s mit Joseph Schumpeter als Prozess der „schöpferis­chen Zerstörung“betrachten: Die schlimmste Finanzkris­e seit Jahrzehnte­n, die globale Rezession, die Schuldenkr­ise in der Euro-zone, der Arabische Fortsetzun­g auf Seite 10

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