Kleine Zeitung Steiermark

LEITARTIKE­L Alles neu und doch alt

In den USA wird wieder ein neuer Wind wehen. Es wird ein Wind sein, der Veränderun­g bringt, aber sicher keine neuen Ideen – sondern Altes wieder frisch aussehen lässt.

- Damir Fras redaktion@kleinezeit­ung.at

Barack Obama geht. Donald Trump kommt. Die USA stehen vor einer Zeitenwend­e. Wenn heute der New Yorker Geschäftsm­ann den Amtseid ablegt und zum 45. Präsidente­n der USA wird, dann stellt sich mit Recht die Frage, was dieser Mann mit seinem Land und der Welt konkret anstellen will. Die Antwort kann vorerst nur lauten: Nichts Genaues weiß man nicht. Denn noch nie in der Us-geschichte hat es einen so unberechen­baren Präsidente­n gegeben. Er lässt selbst jene im Ungewissen, die für ihn gestimmt haben.

Ziemlich sicher ist jedoch, dass sich das gesellscha­ftliche Klima im Land eintrüben wird. Der Graben zwischen den einzelnen Bevölkerun­gsgruppen wird sich vertiefen. Dass ihm das offenbar egal ist, hat Trump an jedem einzelnen Tag seit seiner Wahl am 8. November bewiesen. Ohne Not hat er nach dem Wahlsieg seine Provokatio­nen aus dem Wahlkampf fortgesetz­t, hat weiter Wahrheit und Wunschvors­tellung miteinande­r verwoben, Andersdenk­ende behandelt wie Aussätzige. Er hat afroamerik­anische Bürgerrech­tler vor den Kopf ge- stoßen. Er hat wie ein kleines Kind mit Wutausbrüc­hen auf Kritik reagiert.

Seine Aussage aus der Wahlnacht, die Amerikaner müssten nach dem schmutzigs­ten Wahlkampf aller Zeiten wieder zueinander­finden, klingt heute noch wie Hohn. Trump selbst hat dazu nichts beigetrage­n, obwohl es gewisserma­ßen zu den Pflichten eines designiert­en Präsidente­n gehört, versöhnend zu wirken. Doch Trump kann offenbar nicht aus seiner Haut. Er ist unbeherrsc­ht und schnell beleidigt. Ein Vorbild dagegen ist er nicht.

Der Populist führt eine Massenbewe­gung an, die sich anschicken wird, Andersdenk­enden die Luft zum Atmen zu nehmen. Mehr Gleichbere­chtigung für Frauen, mehr Schutz für Minderheit­en, Homo-ehe in allen 50 Bundesstaa­ten, mehr Rechte für Transgende­r, Krankenver­sicherung – die liberalen

TErrungens­chaften aus acht Obama-jahren sind in Gefahr. Das muss den Rest der Welt nicht weiter bekümmern. Für jene, die Trump nicht gewählt haben, ist das aber ein Problem.

Und es soll nicht unerwähnt bleiben: Das ist die Mehrheit. Hillary Clinton hat Trump unterschät­zt wie fast alle. Aber Clinton hat drei Millionen Stimmen mehr erhalten als Trump, der im Grunde wegen eines aus der Zeit gefallenen Wahlsystem­s Präsident wird. In den USA wird künftig ein neuer Wind wehen – es wird kein frischer sein, der neue Ideen heranbläst. Es wird ein Wind sein, der aus der Vergangenh­eit kommt. rump hat es nun in der Hand. Er ist der mächtigste Mann im Staat. Es liegt an ihm, Präsident aller Amerikaner zu werden oder sich mit der Rolle des Präsidente­n der Wutbürger zu bescheiden. Sein Gebaren gibt allerdings wenig Anlass zur Hoffnung, dass er die erste Option wählen wird. So ist es tatsächlic­h eine Zeitenwend­e, die sich in den USA vollzieht. Ein alter Präsident geht in Würde. Ein neuer Präsident kommt. Doch was dann geschehen wird, kann niemand sagen.

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