Der die Genossen träumen lässt
Benoît Hamon hat überraschend die Vorwahlen der Sozialisten gewonnen.
Und so einer soll Präsident werden? Ein Träumer ist dieser Franzose doch. Benoît Hamon, der den kantigen Realpolitiker und Ex-premier Manuel Valls am Sonntag in der ersten Vorwahlrunde der Sozialisten überraschend auf Platz zwei verwiesen hat, greift nach den Sternen. Hamon, der beste Chancen hat, sich auch in der Stichwahl am nächsten Sonntag durchzusetzen und damit endgültig die Präsidentschaftskandidatur zu sichern, will die Bürger mit einem Grundeinkommen beglücken, das ihnen die Angst vor Arbeitslosigkeit nimmt. Zwischen 300 und 400 Milliarden Euro würde das kosten, Frankreichs Haushaltsvolumen verdoppeln. Auch fordert er Visa für alle Flüchtlinge. Lange schien es so, als würde es der altgediente Genosse nie nach oben bringen. Nun hat er abgehoben.
Der bretonische Historiker hat die Jugend auf seiner Seite, den ehemaligen Chef der Jungsozialisten und mit 49 Jahren jüngsten der sieben am Sonntag angetretenen Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur. Da stört dann auch nicht, dass der neue Hoffnungsträger kaum Regierungserfahrung besitzt. Bildungsminister war Hamon unter Hollande gewesen und das auch nur fünf Monate lang. Zuvor hatte er das Amt des Staatssekretärs für soziale Wirtschaft und Solidarität bekleidet. Genauso wenig stört, dass Hamon nach weitverbreiteter Ansicht nicht das Zeug zum Staatsmann hat und auch kein brillanter Redner ist. Es stört umso weniger, als er sich als Staatsmann ja gar nicht zu bewähren haben wird. Laut Umfragen werden die von Hollande enttäuschten Franzosen das Land im Frühjahr nicht noch einmal den Sozialisten anvertrauen. Platz fünf winkt ihnen, ganz gleich, wen sie im Präsidentschaftsrennen aufbieten. Und so riskieren die Sympathisanten der Linken wenig, wenn sie Hamon auf den Schild heben. Axel Veiel, Paris