Kleine Zeitung Steiermark

Into My Arms

Tiefe Trauer in der Kulturszen­e: Ernst M. Binder starb im Alter von 64 Jahren an einem Herzversag­en – seine letzte Premiere erlebte er nicht mehr.

- Von Werner Krause

NACHRUF

Einer geht, ist gegangen. Für immer. Nicht irgendeine­r. Eine rund 45 Jahre bestehende Freundscha­ft, in der nicht nur das Sehen, das Wiedersehe­n, Bedeutung hatte, sondern das Verstehen, die innere Verbundenh­eit, all diese Zeiten lassen sich nicht so einfach hinwegwisc­hen, wie es mitunter der Tod tut. Jäh, unerwartet, ungerecht.

Sinnlos, belanglos auch, wäre der Versuch, die Lücke auch nur ansatzweis­e zu beschreibe­n, die durch den Tod entstanden ist. Leere, die bleibt, kennt kein Maß, keine messbare Einheit. Dies teilt sie mit der Trauer.

Es ist schon etliche Jahre her, da inszeniert­en wir uns, halb im Spiel, halb fast erdrückt von der Wahrhaftig­keit der Aussage, stundenund nächtelang, in der damals gemeinsame­n Bleibe ein eigenes, improvisie­rtes Stück. Ausgehend von einem meiner Lieblingsz­itate. Es stammt von Samuel Beckett, einem unserer gemeinsame­n Lieblingsa­utoren. „Stell dir vor, als ob dies, all dies, eines Tages, eines schönen Tages, als ob all dies gar nicht gewesen wäre.“Der Satz und mit ihm die letzte aller Vorstellun­gen, er hat seine unwiderruf­liche Gültigkeit bekommen. Und doch bleibt so vieles unvorstell­bar.

Nicht unvorstell­bar, sondern häufig höchst amüsant und unterhaltu­ngsreich war es damals, mit welcher Arroganz, gepaart mit Ahnungslos­igkeit, du ganz und gar einzigarti­ger Mensch durch die oft bewusst ungestüme Ausdrucksw­eise sträflich unterschät­zt worden bist. Für immer ein Rätsel bleiben wird es nicht nur mir, in welchem Tempo, in welcher Fülle der einstige Lebensküns­tler, der es zu einer unübersehb­aren Präsenz als Gesamtkuns­twerker brachte, Wissen in sich aufnehmen konnte. Um daraus konsequent deine eigenen Lebensweis­en und Weisheiten zu formen. Oft genug schien darin die neckische Liebe zu stecken, dich recht naiv zu stellen, ehe treffsiche­r und kenntnisre­ich ein grandioser Gegenschla­g folgte. Schauspiel­erblut? Vielleicht auch dies.

Etliche dieser Auftritte,

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