Schatten der Schuld
Eindringliche „Judas“-premiere im Mausoleum Graz.
SCHAUSPIELHAUS GRAZ
Er will sich nicht entschuldigen, sich seiner Schuld nicht entledigen wie eines dreckigen Kleidungsstücks. Vielmehr wagt er eine Erklärung – über sich, sein Handeln und das Menschsein mit der steten Möglichkeit des Scheiterns: Judas, die tieftragische Figur in der Bibel. Eine, die symbolisch für den Verrat steht. „Ich habe zugelassen, dass alle Schuld von all denen an mir kleben blieb. Dass ich schwärzer wurde als schwarz. Dass mein Name ein Fluch wurde“, heißt es im scharfsinnigen Monolog der flämischen Autorin Lot Vekemans. Markus Kubesch konzentriert sich in seiner Inszenierung für das Grazer Schauspielhaus in sakralen Räumen auf die vielen Grautöne im Text. Durch die Schattierungen von Schuld und Unschuld, Krieg und Frieden, Licht und Schatten stemmt sich Ensemble-mitglied Fredrik Jan Hofmann bravourös. Einmal zweifelnd, einmal fragend, im nächsten Moment wütend oder zärtlich mild legt er die Hintergründe und die Wandlung der Figur frei; indem er die Fragen ins Publikum wirft. Es direkt anspricht, anweint, anschreit. Geht es ans Eingemachte, an die Beziehung zu Jesus, zieht sich die Judas-figur in den offenen Kubus (Vibeke Andersen) zurück. Richtig bespielt wird der wunderbare Mausoleums-raum jedoch nicht. Ein eindringlicher Abend.
Julia Schafferhofer Judas. Nächster Termin: 31. 1., Heilandskirche, Graz. Kein Vorverkauf. Termine bis Juni; jeweils neuer Ort. schauspielhaus-graz.com