Kleine Zeitung Steiermark

Auf dieser Abfahrt ist Instinkt gefragt

Hans Knauß erklärt die Wm-abfahrt von St. Moritz und das richtige Rezept für Gold. Eine Mischung aus Genuss, Instinkt und Mut ist gefragt.

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Ganz ehrlich: Ich freue mich total auf die heutige Abfahrt. Wenn das Wetter passt, werden wir ein extrem spektakulä­res Rennen erleben – mit vielen Sprüngen, Kurven, hohem Tempo und vor allem: mit vielen Charakterk­öpfen. Denn die „Speed-gang“, wie ich sie nenne, also die besten Abfahrer der Welt, sind im Moment einfach ein cooler Haufen.

Und kühlen Kopf muss man auf dieser Abfahrt schon am Start bewahren. Denn der „Free Fall“, der freie Fall, sorgt schon für ein wenig Herzklopfe­n. Höhenangst sollte man jedenfalls keine haben, weil sonst wird es einem schwindlig, wenn man aus dem Starthaus schaut. Mir selbst taugt das ja total. Man stößt sich ab, taucht zwei Mal an und beschleuni­gt dann wie ein Supersport­wagen. Rund zweieinhal­b Sekunden braucht man, um auf 100 km/h zu kommen – es gibt nichts Schöneres für einen Abfahrer. Zumal man am Ende keine Angst haben muss, sondern nur darauf achten muss, das Tempo mitzunehmu­ss denn von dieser Geschwindi­gkeit lebt man im folgenden Flachstück bis zum ersten kleineren Sprung, der Suvretta-kante und weiter zum Lanigiro, der schon ein wenig weiter geht. Für beide Sprünge gilt, dass man direkt in eine Rechtskurv­e springt.

Dann geht es über die Mauer – ein Sprung, der extrem weit gehen kann. Beat Feuz ist hier im Training vor der WM 84 Meter weit geflogen, das ist schon grenzwerti­g. Man braucht hier genug Tempo, um nicht auf der Kante nach dem Absprung aufzuklats­chen. Und die Richtung sitzen, denn es ist hier extrem schnell und eng – für mich ist es sogar die technisch schwierigs­te Passage. Im Tschainas trennt sich dann nämlich die Spreu vom Weizen – da muss man richtig sauber am Ski stehen und noch dazu flexibel sein. Soll heißen: Es kann leicht sein, dass man nicht auf der Linie bleibt, die man sich vorgenomme­n hat. Doch das muss man dann trotzdem verwerten, richtig reagieren.

die Stelle, vor der ich selbst am meisten Respekt habe: der Felsen. Und die Frage, wie direkt man in diese Passage hineinstic­ht. Man hat hier immer das Gefühl, dass man noch einen Meter mehr brauchen könnte, um sich auf den Alp Giop vorzuberei­ten. Der Körper sagt an dieser Stelle immer: Gib Gas, fahr direkt. Nur das Hirn schreit: Achtung! Denn wenn man zu früh Gas gibt, mit Druck am Innenski zum Sprung kommt, dann wird es wirklich gefährlich. Dann hebelt es dich aus, dann wird diemen,

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