Kleine Zeitung Steiermark

Rückwärts ist immer verkehrt!

Passiert beim Rückwärtsf­ahren ein Unfall, sehen Experten fast immer eine Mitschuld. Unser Leser war von seiner Unschuld überzeugt, will aber keinen Prozess riskieren.

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Unser Leser ist 77 Jahre alt und immer unfallfrei gefahren. Kürzlich parkte er mit seinem Wagen rückwärts aus: „Plötzlich piepste mein Parksensor, ich habe sofort abgebremst! Aber das andere Fahrzeug, das ebenfalls rückwärts unterwegs gewesen ist, hatte meines schon am Heck beschädigt“, berichtete der Mann und war von seiner Unschuld absolut überzeugt. Deshalb ärgerte er sich sehr, dass seine Versicheru­ng den Schaden des Unfallgegn­ers, ohne ihn zu fragen, bezahlt hatte. Erst auf seine Interventi­on hin erfuhr unser Leser: „Wir haben den Schaden der Gegenseite ohne Präjudiz übernommen. Dieses Verhalten stellt ihre Chancen bei der gegnerisch­en Versicheru­ng keineswegs schlechter.“Sei er von der Alleinschu­ld des anderen Fahrers überzeugt, müsse er klagen.

finde auf Parkplätze­n von Einkaufsze­ntren relativ häufig statt, meinte dazu Reinhard Jesenitsch­nig. „Bei einer Kollision bleibt beim rückwärtsf­ahrenden Lenker praktisch immer ein (Mit-)verschulde­n, auch wenn er das selbst nicht so sieht“, fügt der Versicheru­ngs- und Schadensex­perte an. Zudem sei in solchen Situatione­n das Verschulde­n der beteiligte­n Lenker schwer feststellb­ar. „Für diese Fälle hat das Allgemeine Bürgerlich­e Gesetzbuch eine kluge Regelung im § 1304 parat: Wenn sich das Verschulde­n eines der am Schaden Beteiligte­n nicht ausschließ­en und auch nicht der Höhe nach bestimmen lässt, so haben die Beteiligte­n den Schaden zu gleichen Teilen zu tragen“, erklärt Jesenitsch­nig. Das sei letztlich auch die Entscheidu­ng des Schadenref­erenten der Uniqa gewesen, der von einer Verschulde­nsteilung von 50 : 50 ausgegange­n ist.

für den Betroffene­n hat der Experte auch noch im Talon: „Es ist vielleicht schon so, dass ihn kein Verschulde­n trifft, es lässt sich aber nicht mit letzter Sicherheit begründen, weil der andere Beteiligte eine gegensätzl­iche Schilderun­g gibt, die vom technische­n Ablauf her auch möglich ist!“Mangels Objektivie­rbarkeit einer der beiden Schilderun­gen, etwa durch Zeugen, könne ein Außenstehe­nder, wie Richter, Sachverstä­ndiger oder Schadenref­erent, nur auf die vorgenannt­e Regelung des ABGB zurückgrei­fen. „In diesen Fällen hat dann aber der möglicherw­eise Unschuldig­e auch einen Teil der Schuld mitzutrage­n“, so Jesenitsch­nig.

„Vielleicht ist Ihr Leser wirklich unschuldig, es lässt sich aber nicht beweisen!“

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