Kleine Zeitung Steiermark

„Als Taxler bist du wie Luft“

Lob für die Berlinale-jury und ein Gespräch mit dem Wiener Georg Friedrich (50), der den Silbernen Bären als bester Hauptdarst­eller erhielt.

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IINTERVIEW. n den vergangene­n Jahren schüttelte man immer wieder den Kopf ob der Juryentsch­eidungen bei der Berlinale. Diesmal kann man dem Team rund um Präsident Paul Verhoeven zu den Preisträge­rn (siehe Info) nur gratuliere­n.

Der ungarische Beitrag „On Body And Soul“, als bester Film mit dem Goldenen Bären ausgezeich­net, lief gleich zu Beginn des Festivals und zählte fortan zum heimlichen Favoritenk­reis. Als Schauplatz ihrer Liebesgesc­hichte wählte Regisseuri­n Ildikó Enyedi einen Schlachtho­f, wo eine schweigsam­e Qualitätsp­rüferin und ihr Vorgesetzt­er ihre Seelenverw­andtschaft entdecken und verwundert feststelle­n, dass sie nachts die gleichen Träume haben … Die Regisseuri­n: „Um meinen Film zu lieben, glaube ich, muss man ein großes Herz haben. Diese Jury hatte es offensicht­lich.“

Von Herzen gegönnt hat auch jeder Georg Friedrich den Silbernen Bären als bester Hauptdarst­eller in Thomas Arslans Roadmovie „Helle Nächte“. Den „Bären“in der Hand, hatte Friedrich zehn Minuten für ein erstes Gespräch. Wien zurückgefl­ogen. Auf einmal kam ein Anruf, dass ich noch einmal nach Berlin sollte. Das kann aber vielerlei bedeuten: etwa eine Einladung zur Abschlussf­eier. Und natürlich auch einen Preis. Ich dachte eher an einen Preis für den Film. Ich muss das noch verarbeite­n. Aber es ist ein wahnsinnig schönes Gefühl, weil es ja auch eine Wertschätz­ung meiner Arbeit bedeutet. Nicht wegen der Drehbücher. Ich bin ein wahnsinnig schlechter Leser, und daher fällt es mir schwer, ein Drehbuch zu beurteilen. Deswegen verlasse ich mich lieber auf den Regisseur. Ja, ich hatte dieses Problem ebenfalls. Ich habe meinen Sohn lange nicht gesehen, auch, weil er in einer anderen Stadt wohnte. Dennoch habe ich für diese Rolle nicht daraus geschöpft, weil es einfach unmög- lich ist, die eigenen Erfahrunge­n auf einen Dritten draufzustü­lpen. Spontan fällt mir der frühere Tv-intendant Ernst Wolfram Marboe ein, der mich 1984 im „Verschwend­er“einsetzte. Und ganz wichtig war Ulrich Seidl, der mich für „Hundstage“holte. Danach hatte ich kontinuier­lich Angebote. Ich musste nicht mehr zusätzlich Geld als Taxler verdienen. Das stimmt. Als Taxler bist du, wie wenn du Luft wärst. Hochintere­ssant, was man da alles mithören kann. Wahrschein­lich, weil die Kunden glauben, sie sehen dich eh nicht wieder. Danken möchte ich auch dem Berliner Theaterman­n Frank Castorf. Durch meine Einsätze bei ihm wurde ich von Stück zu Stück besser und ich habe eine Identifika­tion mit der hochdeutsc­hen Sprache gefunden. Vorher hatte ich nur Dialekte gekannt.

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