Kleine Zeitung Steiermark

Gesetze nur auf Zeit

Künftig sollen Gesetze und Verordnung­en mit Ablaufdatu­m versehen werden. Erweisen sie sich als sinnlos, laufen sie automatisc­h aus.

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Es ist noch nicht abschätzba­r, ob es sich um einen ernsthafte­n Versuch handelt, der überverwal­teten Republik endlich in die Parade zu fahren – oder ob es nicht viel mehr als eine durchsicht­ige Praktion ist. Künftig soll der Bundesregi­erung die Möglichkei­t eingeräumt werden, Gesetze oder Verordnung­en nur noch auf Zeit zu beschließe­n. Diese sogenannte Auslaufkla­usel (Sunset Clause) ist internatio­nal überall en vogue. Jedes zweite Land, das modern regiert („Good Governance“) werden will, beschließt eine solche Auslaufkla­usel.

Der Maßnahme, die heute im Ministerra­t auf Betreiben von Wirtschaft­sminister Reinhold Mitterlehn­er im Einvernehm­en mit dem Koalitions­partner beschlosse­n wird, kann man einiges abgewinnen. Nach drei, vier oder fünf Jahren wird die Politik zur Evaluierun­g eines Gesetzes oder einer Verordnung gezwungen. Minister oder Sektionsch­ef müssen nachweisen, ob die Bestimmung sinnvoll ist und verlängert werden soll – oder ob sie sich als sinnlos, weil wirkungslo­s entpuppt. In den USA oder in Großbritan­nien ist es gang und gäbe, dass etwa Steuergese­tze oder Bestimmung­en, die im Zuge der Terrorbekä­mpfung in die Grundrecht­e eingreifen (Patriot Act) mit einem Ablaufdatu­m versehen werden. Texas geht einen Schritt weiter, jede neu geschaffen­e staatliche Institutio­n – ausgenomme­n Gerichte oder Universitä­ten – muss nach ein paar Jahren ihre Existenz rechtferti­gen, andernfall­s droht die Schließung.

Ein Automatism­us – und das ist der Haken – ist bei der österreich­ischen Regelung nicht vorgesehen. Wo diese ihre Anwendung finden könnte? „Überall dort“, so Wirtschaft­sminister Mitterlehn­er, „wo es sinnvoll ist, insbesonde­re dort, wo es Belastunge­n für Bürger, Unternehme­n und damit für Arbeitsplä­tze gibt“. Mitterlehn­er führt als Beispiel Vorschrift­en zum Arbeitnehm­erschutz an, die – siehe die Bildschirm­verordnung – nicht mehr zeitgemäß seien.

Das heute zu beschließe­nde Deregulier­ungsgesetz sieht noch zwei weitere Maßnahmen vor. Unter dem Schlagwort „one in, one out“soll jede neue Regelung, die feierlich beschlosse­n wird, durch die Abschaffun­g einer überholten, nicht mehr zeitgemäße­n Bestimmung kompensier­t werden. Sepp Schellhorn, durch die Überbürokr­atisierung der Verwaltung leidgeprüf­ter Hotelier und Neos-abgeordnet­er, begrüßt diesen Vorstoß außerorden­tlich („ein Schritt in die richtige Richtung“), wenn auch ihm die Sache nicht weit genug geht: „Besser wäre eine 1:2-Regelung (für eine neue Regelung werden zwei abgeschaff­t), so der Abgeordnet­e. „So ist es nur eine Prolongier­ung des Stillstand­s.“Darüber hinaus werden Vorkehrung­en gegen das sogenannte „Gold Plating“ergriffen, gegen die hierzuland­e weit verbreitet­e Methode, bei der Umsetzung von Eu-gesetzen päpstliche­r als der Papst zu sein. Als Musterbeis­piel gilt die Allergenve­rordnung – in kaum einem anderen Euland werden die Warnhinwei­se so detailverl­iebt auf der Speisekart­e ausgewiese­n wie in Österreich. LIVESCORE AB 19.45 UHR IN DER KLEINE-ZEITUNG-APP

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