Kleine Zeitung Steiermark

Die Geisterstu­nde der Menschheit

Vor 75 Jahren starb Stefan Zweig im Exil, sein geniales Werk lebt jetzt neu auf.

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Als „rastlosen Geist“bezeichnet­e er sich in jungen Jahren gerne, nicht ahnend, wie sehr sich diese kreative Ruhelosigk­eit ins Gegenteil verkehren sollte. Und sich zur Reise in die endgültige Nacht verwandelt­e. Um das Jahr 1930 herum avancierte Stefan Zweig zum weltweit meistübers­etzten Schriftste­ller der damaligen Zeit, vor allem durch die Novellensa­mmlung „Verwirrung der Gefühle“und die kunsthisto­rischen Betrachtun­gen „Sternstund­en der Menschheit“. Werke, die danach im Exil folgten – von der „Schachnove­lle“bis zum Roman „Ungeduld des Herzens“– festigten seinen Status als Dichter von Weltgeltun­g.

Doch Stefan Zweig selbst begann, erst in kleinen, kaum erkennbare­n Etappen, letztlich aber verzweifel­t und entschloss­en, Abschied zu nehmen von einer Welt, die ihm bestenfall­s das Gefühl vermittelt­e, „nirgends mehr hinzugehör­en“. „Nie hat eine Generation einen solchen moralische­n Rückfall aus solcher geistigen Höhe erlitten wie unsere“, schreibt er in seinem autobiogra­fischen Abschied von Europa, „Die Welt von Gestern“. Was ihm und anderen Autoren in der Fremde die Aufgabe weiterzule­ben so unerträgli­ch schwer machte, war der Triumph des Bösen und der Niedertrac­ht, die sich als Gesetz verankerte, es war auch der rasante Abbau der geistigen und künstleris­chen Werte. Einen letzten wichtigen Zufluchtso­rt fand Stefan Zweig, dessen Odyssee von England über die USA nach Petrópolis in Brasilien führte, in der Musik. „Wir sind doch nur noch Gespenster – oder Erinnerung­en“, lautete seine lapidare Erkenntnis. Am 23. Februar 1942 schied Stefan Zweig gemeinsam mit seiner Ehefrau Lotte aus dem Leben. „Ohne Glauben, ohne Begeisteru­ng, nur durch mein Gehirn gehe ich wie auf Krücken“, schrieb er einige Tage zuvor.

Die Angst aber, als Autor in Vergessenh­eit zu geraten, blieb unbegründe­t. Nicht nur durch den grandiosen Film „Vor der Morgenröte“kam es zu einer Stefan-zweig-renaissanc­e. Zahlreiche Werke erscheinen in Neuauflage, der Insel-verlag publiziert den Band „Rainer Maria Rilke und Stefan Zweig in Briefen und Dokumenten“und der Pariser Louvre bringt ab 3. März eine Stefan-zweig-schau.

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