Kern kommt es auf die Begleitmusik an
DUer Wahlkampf ist angeblich noch weit weg, doch hat schon längst ein Wettrennen um die bessere Startposition begonnen. Diesmal hat Christian Kern die Nase vor Sebastian Kurz. Der Bundeskanzler hat sein Gesetz bereits durch den Ministerrat gebracht, mit dem er den Zuzug von Arbeitskräften aus den Ostländern bremsen will. Der Außenminister hat erst seine Ankündigung wiederholt, die Familienbeihilfe für in Ungarn, der Slowakei oder in Rumänien lebende Kinder auf den dortigen Lebensstandard zu senken.
Beide Initiativen sind populär, doch sind sie mit dem Europarecht, an das der österreichische Gesetzgeber gebunden ist, nur schwer vereinbar: Auf dem Spiel steht die Personenfreizügigkeit, eine der vier Grundfreiheiten der EU.
In einem Wirtschaftsraum mit ähnlichem Einkommensniveau und Sozialstandard funktioniert das Prinzip. Zum Problem wird es, wenn ein Land wie Österreich von später dazugestoßenen Eu-mitgliedern umgeben ist, wo die Löhne weit niedriger sind. In den letzten Jahren sind über hunderttausend Jobsuchende aus den früheren Oststaaten zugeströmt, dazu kommt eine noch größere Zahl an sogenannten Entsendeten, die befristet bei uns arbeiten. Ob der ab Jahresmitte gewährte Beschäftigungsbonus diesen Trend umkehren kann, bleibt abzuwarten. Allzu optimistisch sollte man nicht sein. Die Abwicklung ist mit reichlich Bürokratie verbunden. Hilfreicher könnte sein, wenn die Wirtschaft wirklich so stark wächst wie vorausgesagt. rsprünglich wollte der Bundeskanzler ein viel wirksameres Instrument. In seinem „Plan A“hat Kern eine strenge Arbeitsmarktprüfung angeregt, wonach nur dann ein Eu-ausländer eine Arbeitserlaubnis erhält, wenn sich für eine Stelle kein geeigneter Arbeitsloser im Inland findet. Diesen Plan hat Kern aufgegeben, weil er zu offensichtlich dem Eu-recht widerspricht. Ihm dürfte es mehr um die Begleitmusik für die Wähler gegangen sein, dass die SPÖ beim brisanten Thema Ostarbeiter das Feld nicht kampflos der FPÖ überlässt. Erwin Zankel
Zum Problem wird es, wenn ein Land wie Österreich von später dazugestoßenen Eu-mitgliedern umgeben ist, wo die Löhne weit niedriger sind.