Kleine Zeitung Steiermark

Von Folter und Zweifel

Martin Scorsese unternimmt eine Glaubensre­ise in das historisch­e Japan. Jesuitenmö­nche beginnen an ihrem Glauben zu zweifeln.

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Mit religiösen Themen in seinen Filmen hat der amerikanis­che Drehbuchau­tor und Regisseur mit italienisc­hem Migrations­hintergrun­d Martin Scorsese immer wieder polarisier­t. So wurde seine Verfilmung von Nikos Kazantzaki­s „Die letzte Versuchung Christi“von konservati­ven katholisch­en Kreisen offensiv bekämpft. Grund der Kritik: die Darstellun­g eines zweifelnde­n Jesus, der sich ein Leben mit Frau und Kind vorstellen kann.

Das Thema Zweifel durchzieht auch seinen neuesten Film, ein Historiene­pos über portugiesi­sche Jesuiten, die im 17. Jahrhunder­t als Missionare nach Japan kommen. Die Welturauff­ührung erlebte der Streifen am 1. Dezember im Vatikan.

Mehr als 20 Jahre brütete Scorsese an der Verfilmung von Shusaku Endos (1923–1996) Bestseller „Schweigen“, ehe er an die Umsetzung schritt, der er vor dem Kinostart noch eine Kürzung auf 160 Minuten verpasste. Für die Glaubensre­ise in ein militantes Japan holte er sich berühmte Darsteller wie Liam Neeson, Andrew Garfield, Adam Driver oder Yoshi Oida, einst ein Peter-brook-schauspiel­er, der vor gut 15 Jahren am Wiener Akademieth­eater Jon Fosses „Traum im Herbst“mit Peter Simonische­k inszeniert­e. Wir sehen die spektakulä­re Überfahrt zweier Mönchen von Macao in ein nebelverha­ngenes Japan und die unglaublic­he Repression, mit der die japanische Herrschaft die im Verborgene­n lebende christlich­e Minderheit terrorisie­rt. Zartbesait­ete sollten nicht im Kinosessel Platz nehmen. Die grauslichs­ten Foltermeth­oden kommen ins Bild. Immer wieder stellen sich die mit Erpressung bedrohten Jesuiten die existenzie­lle Frage: Wie kann es sein, dass Gott dieses Leid zulässt? Der Zweifel nagt. Schweigt Gott oder sind die Menschen nur taub?, lautet Scorseses unbeantwor­tete Frage.

Filme Woche

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